Sächsische Zeitung, 01.09.2005
Prüfausschuss will Porsch anklagen lassen
Stasi-Vorwurf. Dem Chef der PDS-Fraktion droht der Verlust des Mandats.
Die Nachricht ließ sich nicht lange unter der Decke halten: Der Bewertungsausschuss des Landtags hat vor einigen Tagen beschlossen, Peter Porsch, den Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei.PDS, wegen Stasi-Vorwürfen vor dem Verfassungsgerichtshof anzuklagen. Die Entscheidung soll nach SZ-Informationen mit 9 : 1 Stimmen gefallen sein. Zwei Abgeordnete, einer davon von der PDS, hatten nicht an der Abstimmung teilgenommen.
Ziel einer Abgeordneten-Anklage ist die Aberkennung des Landtagsmandats. Das Parlament muss demnächst hinter verschlossenen Türen entscheiden, ob es der Empfehlung des Ausschusses folgt. Danach hätten dann die sächsischen Verfassungsrichter das letzte Wort.
Die Mitglieder des Bewertungsausschusses sind laut Gesetz zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Meldung der Nachrichtenagentur ddp über den Beschluss des Gremiums schlug deshalb bei der PDS ein wie eine Bombe. Parteichefin Cornelia Ernst warf dem Ausschuss vor, mit dem Bruch der Geheimhaltung die eigene Geschäftsordnung verletzt zu haben. Zudem sei die Entscheidung nur mit den Stimmen der NPD zustande gekommen, wetterte sie. Der Vorsitzende des Bewertungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Johannes Gerlach, wies den Vorwurf, man habe sich nicht an die Verschwiegenheitspflicht gehalten, prompt zurück. Ob Ernst mit ihrer inhaltlichen Kritik Recht hat, ließ er dagegen offen, denn er dürfe ja nicht über Interna reden.
Peter Porsch hat die Stasi-Vorwürfe stets bestritten. Der 60-Jährige hält es allenfalls für möglich, ohne sein Wissen „abgeschöpft“ worden zu sein. Er habe jedenfalls nie wissentlich mit der DDR-Staatssicherheit zusammengearbeitet. Das Wissenschaftsministerium hatte ihn, der als Hochschullehrer an der Universität Leipzig arbeitete, trotzdem fristlos gekündigt. Vor dem Arbeitsgericht einigten sich später beide Seiten per Vergleich auf eine rückwirkende Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai.
Porsch will nun erst einmal abwarten, bis ihn eine offizielle Mitteilung des Ausschusses erreicht. „In dem Fall habe ich 14 Tage Zeit für eine Stellungnahme, für die ich mich mit meinem Anwalt beraten werde“, sagte er gestern der SZ.
Von Karin Schlottmann und Gunnar Saft