Dresdner Morgenpost, 02.09.2005
Experte: Spitzelangriff war verfassungswidrig!
DRESDEN - Professor Dr. Carl-Eugen Eberle (59) ist Deutschlands renommiertester Presserechtsexperte und Justitiar beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Der Schwabe hält den Spitzelangriff auf die Morgenpost für unrechtmäßig, ja sogar für verfassungswidrig.
Nach dem Morgenpost Bericht über die Razzia bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer hatte die Staatsanwaltschaft Chemnitz im Amtsgericht die Ausspähung von Telefonverbindungsdaten eines Morgenpost Reporters beantragt. Ziel: in Erfahrung bringen, wie die Morgenpost von der Durchsuchung erfahren haben könnte. Das Gericht erließ den Beschluss.
„Ich habe erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Beschlusses", stellte Eberle klar. „Der Richter muss bei seiner Entscheidung das Grundrecht auf Pressefreiheit heranziehen und es wirklich prüfen." Der Paragraf 100g der Strafprozessordnung (StPO) erlaube dies bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung. Der Presserechts-Experte: „Das Bundesverfassungsgericht hat klare Schranken gesetzt. In einem Fall ging es um dreifachen Mord, in dem anderen um ein Insolvenzverfahren mit einem Schaden in Milliardenhöhe. Solch eine Schwere kann ich in diesem Fall nun wirklich nicht erkennen."
