Karl Nolle, MdL

LVZ/Leipziger Volkszeitung, 05.10.2005

"Hofstrategen der SPD säen Zwietracht"

Anita Kecke im Interview mit Gunter Weißgerber
 
Leipzig. Gunter Weißgerber, der mit 35,3 Prozent der Erststimmen in Leipzig-Süd das Direktmandat wiedergewann und das beste Ergebnis für die SPD im Freistaat eingefahren hat, kritisiert den Neid in der Sachsen-SPD gegenüber der Messestadt.

Frage: Haben Sie das Direktmandat nun gegen den Willen der Landespartei geholt? Es gab Querelen um Ihren Listenplatz, so dass Sie schließlich auf die Absicherung verzichteten.

Gunter Weißgerber: Natürlich ist das gute Ergebnis, für das ich den Leipzigern danke, für mich eine Genugtuung. Aber ich bin schon 1989 ohne Netz und doppelten Boden in die Politik gegangen.

Woher kommen die Spannungen zwischen Leipzig und Dresden in der SPD?

Da spielt natürlich Neid eine Rolle. Leipzig ist der stärkste von allen zehn Unterbezirken in Sachsen und hat bei der Bundestagswahl zwei Direktmandate geholt und das beste Ergebnis im Freistaat erzielt. Wir machen eine erfolgreiche Kommunalpolitik, arbeiten sachorientiert und sind selbstbewusst. Doch der Erfolgreiche wird gejagt.

SPD-Landeschef Thomas Jurk sieht nicht so tiefe Risse in der Landespartei wie Sie. Wie hält er den Laden zusammen?

Thomas Jurk bemüht sich sehr um Ausgleich und Geschlossenheit. Aber natürlich hat er auch als Wirtschaftsminister viel um die Ohren. Es sind mehr seine engen Mitarbeiter, seine Hofstrategen in zu großen Schuhen, die Zwietracht in der Partei säen.

Wer?
Namen möchte ich nicht nennen.

Warum hat die sächsische SPD keinen Generalsekretär, der den Parteichef entlasten könnte?

Es müsste eine Persönlichkeit gefunden werden, die nach außen angriffslustig ist, aber nach innen unbedingt loyal zum Parteichef.

Und die gibt es nicht?

Kein Kommentar.

Müsste die Landespartei nicht froh sein über die Leipziger Zahlen?

Natürlich müsste sie froh sein. Aber wir werden oft von den anderen als Lehrmeister angesehen, was wir gar nicht sein wollen. Wir wollen auch keinen Artenschutz für uns .

Was erwarten Sie von Thomas Jurk?

Er muss mit den Parteigliederungen sprechen, Vorurteile abbauen helfen und zusammenführen. Das traue ich ihm aber auch zu.

Warum hält die SPD-Spitze an Kanzler Schröder fest, obwohl die Union mehr Mandate hat?

Ich hätte mir Gerhard Schröder weiterhin als Kanzler gewünscht. Aber die stärkste Kraft in einer Koalition stellt nun einmal den Regierungschef. Mir wäre eine Ampel lieber gewesen, aber wie es aussieht, gibt es keine Alternative zur großen Koalition.

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