Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 22.12.2005

Personalkrise in der NPD spitzt sich zu

Erklärungsnot. Mit dem Rücktritt vom Klaus Baier werden die Probleme der Rechtspartei ein Thema für die enttäuschte Basis.
 
Die Nachricht war am Dienstagabend kurz vor 23 Uhr gerade erst auf der Internetseite der Sächsischen Zeitung aufgetaucht, als besorgte Parteimitglieder den NPD-Fraktionsgeschäftsführer im Landtag, Peter Marx, alarmierten: Mit Klaus Baier hatte so eben der zweite sächsische NPD-Abgeordnete innerhalb von nur vier Tagen seinen Austritt aus Partei und Fraktion erklärt. Marx versuchte sofort, Baier noch in der selben Nacht zu treffen. 2 Uhr 30 klingelte er in Annaberg-Buchholz an der Haustür des Abtrünnigen. Doch der beschied per Gegensprechanlage: Kein Redebedarf.

Kopflose Rundumschläge

Ähnlich wie der Meißner Mirko Schmidt am Wochenende begründet nun auch Baier seinen Rückzug mit dem mittlerweile übermächtigen Einfluss westdeutscher Parteifunktionäre wie dem Saarländer Marx auf die Arbeit des sächsischen Landesverbandes und auf die Fraktion. Sein Landtagsmandat will Baier, der zuvor sechs Jahre im NPD-Landesvorstand saß, deshalb im „Interesse der Sachsen“ ebenfalls behalten. Die konsternierte und nun nur noch aus zehn Abgeordneten bestehende NPD-Fraktion reagierte gestern wie im Fall Schmidt: Auch Baier wurde per Pressemitteilung als fachlich ungeeignet, verschuldet und permanent faul abgewatscht. Lediglich das NPD-Gruppenfoto im Internet wurde diesmal nicht hastig retuschiert, sondern ist nunmehr ganz verschwunden.

Doch da die harten Vorwürfe gegen die Aussteiger in der Öffentlichkeit kaum ziehen, konzentriert sich die NPD-Spitze nun darauf, dem Verfassungsschutz Rechtsbruch vorzuhalten, weil er sich vermeintlich illegal in die Parlamentsarbeit einmischt. Tatsächlich hatte auch Baier das Aussteigerprogramm der Behörde genutzt, die ihm bei seinem Rückzug aus der rechten Szene beratend zur Seite stand. Doch obwohl Baier an Eides statt erklärt, niemals für den Verfassungsschutz gearbeitet zu haben, bekommt die NPD nun ausgerechnet von der PDS Schützenhilfe: Die Linksfraktion kündigte unter dem Jubel der NPD an, das Vorgehen der Verfassungsschützer durch die parlamentarische Kontrollkommission überprüfen zu lassen.

Furcht vor neuen Aussteigern

Die Krise in der Rechtspartei spitzt sich unterdessen zu. So rechnet nicht nur der Verfassungsschutz fest mit mehr Aussteigern wie kürzlich dem Görlitzer NPD-Kreischef Jürgen Krumpholz. Auch an der NPD-Basis wächst die Unruhe, dass die Fraktion weiter bröckelt. Das prominenteste Opfer der beim rechten Anhang offen diskutierten „West-Bevormundung“ ist dort nämlich der NPD-Landesvorsitzende Winfried Petzold. Obwohl in der Parteihierarchie ganz oben, kommt der Abgeordnete in der Tagespolitik nicht vor. Wie zuvor Schmidt und Baier könne auch er „nur noch als Marionette von Marx und Co. agieren“, heißt es enttäuscht.

Zudem wurde jetzt bekannt, dass die Lebensgefährtin des parlamentarischen Geschäftsführers Uwe Leichsenring ebenfalls vom Wahlerfolg profitiert hat. Sie erhielt eine Stelle beim NPD-Landtagsabgeordneten Matthias Paul. Ein weiterer Tropfen Benzin ins Feuer der aktuellen Diskussion um Vetternwirschaft innerhalb der NPD-Fraktion. Die bekommt nicht zuletzt organisatorische Probleme. Durch die aktuelle Schrumpfkur verliert man nun in fast jedem Landtagsgremium einen der bislang zwei Sitze.
Von Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: