Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 09.01.2006

Von Pest und Bordellen

 
Dresden. Eine Weile lang mussten Beobachter fürchten, die NPD-Abgeordneten im Landtag seien professionell agierende Politiker, die sich nicht so schnell der Lächerlichkeit preisgeben würden wie einst die DVU-Vertreter in Sachsen-Anhalt. Die Sorge scheint unbegründet.

Die interne Schlammschlacht nach dem Ausstieg von drei Parteigängern steigert sich jedenfalls auf der nach oben offenen Schmutzskala und offenbart das ganze Niveau, mit dem die Neonazis kämpfen.

In einer Art Neujahrsbotschaft brachte der Leipziger Volksvertreter Jürgen Schön beispielsweise am Silvestertag folgende Sätze zu Papier: "Der Herrgott strafe euch. Gott soll euch heidnisches Pack vernichten. Ich wünsche euch die Pest an den Hals!" Die Antwort von Fraktionschef Holger Apfel fiel ähnlich charmant aus: "Offensichtlich hat Herr Schön seinen Austritt seelisch nicht verkraftet und steigert sich nun in religiöse Wahnvorstellungen." Auch andere Äußerungen Schöns ließen "ernste Zweifel an seiner geistigen Gesundheit" aufkommen.

Kurz vor Weihnachten hatte schon der Abtrünnige Klaus Baier in einem mehrseitigen Schreiben im Internet auf die "Jauchekübel", die die NPD über ihn ausschütte, mit hämischen Andeutungen reagiert: "Auch war ich niemals in Polen im Bordell, habe mich auch nicht in Spanien an farbigen Dirnen verlustiert; ich verkehre nicht in der Pädo-Schwulenszene, betrüge meine Frau nicht und bin auch kein heimlicher Transvestit, wie vielleicht so einige Saubermänner, die euch das Gegenteil predigen!" Es gebe Leute in der NPD, "die sich regelrecht durch die Partei rechnen, schlemmen und schmarotzen", schreibt Baier und macht Andeutungen auf den Pfälzer Fraktionsgeschäftsführer Peter Marx. Manche NPD-Seilschaften nutzten die Partei nur als Alimentierungsverein, während der sächsische Landeschef Winfried Petzold entmündigt im Landtag sitze und peinliche Redetexte vorgelegt bekomme. "Winfried", fragt Ex-Kamerad Baier, "wo ist eigentlich dein Rückgrat?"

Zuvor hatte die NPD-Fraktion die Aussteiger als Verräter und Spitzel des Verfassungsschutzes beschimpft und öffentlich über deren finanzielle Lage spekuliert. Ende der Woche protestierte die NPD-Fraktion zudem bei Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) gegen mutmaßliche Eingriffe der Regierung in die Rechte der Opposition. "Die âUnterstützung' des Austretens von gewählten Volksvertretern aus ihrem politischen Wahlverband und ihrer Parlamentsfraktion durch einen von der Regierung gelenkten Geheimdienst bedeutet eine schwere Verletzung der verfassungsmäßigen Grundlagen unseres Landes", schreiben die Rechtsextremisten in dem Brief staatstragend - und ziehen gleich die Parallele zum Watergate-Skandal. Aus dem Landtag heißt es derweil, Iltgen werde das Schreiben umgehend beantworten - "in der gebotenen Sachlichkeit".
(S. H.)

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: