Freie Presse/ Mitweidaer Zeitung, 23.12.2005
Chefaufklärer knöpft sich Landratsamt vor
SPD-Abgeordneter Karl Nolle stellt im Landtag Anfragen zum Umgang mit Empfängern von Sozialleistungen - Mittweida vor Gericht Spitzenreiter
Dresden/Mittweida. Die Arbeitsweise der Mittweidaer Kreisverwaltung ist jetzt zum Fall für Sachsens Chefaufklärer Karl Nolle geworden. Wie das Büro des SPD-Landtagsabgeordneten mitteilte, hat Nolle nach den Berichten in der „Freien Presse" über die Verweigerung von Eingliederungsbeihilfe für eine Mobendorfer Behinderte und zum Streit um Pflegekosten für einen Burgstädter Rentner jetzt mehrere Anfragen im Sächsischen Landtag gestellt.
Von der Landesregierung will der SPD-Politiker unter anderemn wissen. welche rechtsaufsichtlichen Schritte im Fall der Mobendorfer Schülerin gegen die Mittweidaer Behörde eingeleitet werden können. Das Landratsamt weigert sich, der Behinderten einen Ausgleich für die erhöhten Schulbuskosten zur Schwerhörigenschule nach Chemnitz zu zahlen.
Nach einem verlorenen Prozess vor dem Verwaltungsgericht in Chemnitz zog die Kreisverwaltung inzwischen weiter vors Oberverwaltungsgericht Bautzen. Das Regierungspräsidium sieht sich als Rechtsaufsicht hier außer Stande einzuschreiten. Man könne nur den Prozess verfolgen - oder selber klagen, hatte die Behörde bereits im Sommer gegenüber "Freie Presse" klargestellt.
Auch im Streit um die Darm- und Blasenentleerung eines Burgstädter Rentners zwischen dem Mittweidaer Landratsamt und einem Oelsnitzer Pflegedienst verlangt Nolle Aufklärung. Letzter Stand hier Nach Angaben von Erik Bergmann. Chef des Pflegedienstes, hat die Kreisverwaltung inzwischen eine drohende zweite Zwangsvollstreckung abgewendet und den strittigen Betrag von rund 530 Euro überwiesen. Der Anwalt des Sozialhilfeempfängers hat laut Bergmann inzwischen einen weiteren Prozess um mehrere tausend Euro für unbezahlte Pflegeleistungen angestrengt.
Derweil belegt eine Statistik des Verwaltungsgerichtes Chemnitz, dass die Mittweidaer Kreisverwaltung deutlich häufiger als andere Landkreise in sozialen Angelegenheiten vor Gericht ist. So wurden im Jahr 2004 am Verwaltungsgericht 79 Sozialrechtsfälle mit Mittweidaer Beteiligung verhandelt Bei den Nachbarn im Kreis Chemnitzer Land, der in etwa gleich viele Einwohner hat, waren es nur 33. (oha)