Sächsische Zeitung online, 20.02.2006
Sachsenrings Zukunft ist gesichert
Ex-Trabant-Hersteller an Leipziger HQM-Gruppe verkauft
Das Traditionsunternehmen Sachsenring hat einen neuen Eigentümer. Dreieinhalb Jahre nach Beginn des Insolvenzverfahrens wurde die Firma an die Leipziger HQM-Gruppe verkauft.
„Die Sanierung aus eigener Kraft ist gelungen“, sagte Insolvenzverwalter Bruno M. Kübler am Montag in Zwickau. Die Zukunft der ehemaligen „Trabant-Schmiede“ sei gesichert. Der Investor übernehme mehr als 170 von derzeit rund 200 Beschäftigten der Sachsenring Fahrzeugtechnik GmbH. Der genaue Kaufpreis wurde nicht genannt. Er liege in „zweistelliger Millionenhöhe“, sagte Kübler. Der Freistaat Sachsen habe eine Landesbürgschaft in Höhe von 80 Prozent des Kaufpreises übernommen, der von der Sachsen LB finanziert werde.
In Zwickau waren bei Sachsenring bis Ende April 1991 rund 3,7 Millionen Stück des begehrten „DDR-Volkswagens“ Trabant und seiner Vorgänger vom Band gerollt. 1993 sicherten sich die beiden Brüder Ulf und Ernst Wilhelm Rittinghaus aus dem Sauerland Namens- und Patentrechte und gründeten den Konzern Sachsenring Automobiltechnik GmbH als Zulieferer neu. 1997 brachten sie den damals größten ostdeutschen Autozulieferer an die Börse. Nach Ansicht von Experten setzten sie aber auf zu schnelle Expansion. Nach einem Zick-Zack- Kurs gingen der Konzern und seine Töchter, darunter die Sachsenring Fahrzeugtechnik GmbH, am 30. Mai 2002 in Insolvenz.
Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) begrüßte die Übernahme durch die Leipziger Härterei- und Qualitätsmanagement GmbH (HQM). Das bringe neben dem Erhalt von Jobs auch bessere Marktchancen. HQM sei ein seit rund zehn Jahren erfolgreiches sächsisches Unternehmen auf dem Gebiet der Oberflächenveredlung, der Prüf- und Messtechnik sowie im Modell- und Vorrichtungsbau.
Hinter Sachsenring liege eine „schwierige und turbulente Zeit“, sagte Kübler. Trotz der Gründung einer so genannten insolvenzfreien Auffanggesellschaft im Juli 2003 sei es schwierig gewesen, neue Serienaufträge zu akquirieren. Die Autoindustrie lege größten Wert auf langfristige Liefersicherheit. Dafür seien mit der Übernahme durch HQM jetzt die Voraussetzungen gegeben.
Laut Kübler führt HQM den Betrieb in Zwickau unter dem Namen HMQ Sachsenring GmbH fort. Mittelfristig wolle der neue Eigentümer die Mitarbeiterzahl um etwa 300 aufstocken und peile einen Jahresumsatz von rund 200 Millionen Euro an. Zuletzt habe er rund 120 Millionen Euro betragen. Das Beispiel Sachsenring zeige, dass Insolvenz nicht gleich Zerschlagung bedeute. Zu dem „guten Ergebnis“ hätten Arbeitnehmer, Betriebsrat, Gewerkschaft, Großgläubiger, Lieferanten und Kunden mit Kooperations- und Kompromissbereitschaft beigetragen.
Gute Chancen sieht Kübler auch für die Vermarktung des Unternehmensteils im brandenburgischen Tröbitz. Das Werk erziele positive Ergebnisse. Es solle demnächst „bei Erhalt der 45 Arbeitsplätze zu einem attraktiven Kaufpreis veräußert werden“. Der Standort Hemer (Nordrhein-Westfalen) sei bereits im November 2003 verkauft worden. Alle 80 Arbeitsplätze blieben erhalten. Laut Kübler gab es für das Stammunternehmen in Zwickau zahlreiche in- und ausländische Interessenten. (dpa)