freie presse online, 02.03.2006
Gericht urteilt nach jahrelangem Streit in Sachsen-LB-Affäre
Prozessgegner hofft auf neue Beweisaufnahme
Leipzig (ddp-lsc). Eine der spektakulärsten Finanz- und Polit-Affären der vergangenen Jahre in Sachsen findet am Freitag vor dem Landgericht Leipzig voraussichtlich ihr vorläufiges Ende. Im Schadenersatz-Streit zwischen der Landesbank Sachsen (Sachsen LB) und ihrer langjährigen Geschäftspartnerin, der Tutzinger Industrie- und Immobilien Leasing GmbH (IIL), wird das Urteil erwartet. Die IIL verlangt von der Landesbank Schadenersatz in Höhe von 140 Millionen Euro. Doch so sehr sich die Bank ein Ende der Affäre wünscht, der Prozessgegner IIL rechnet mit einem Fortgang.
Der bisherige Schriftwechsel beider Seiten vor Gericht habe noch viele Fragen offen gelassen, sagt der IIL-Sprecher Andreas Waldow. Beide Seiten seien immer noch sehr weit auseinander und neu aufgetauchte Fakten sprechen seiner Einschätzung nach dafür, dass der Richter am Freitag keinen Schlussstrich ziehen, sondern möglicherweise erneut in die Beweisaufnahme eintreten wird.
Bei diesen angeblichen neuen Fakten handelt es sich unter anderem um eine im Januar aufgetauchte eidesstattliche Versicherung eines Privatdetektivs, der für die Chefin der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL), Andrea Braun, dem IIL-Chef Ludwig Hausbacher Kontakte zur Russenmafia und zur NPD nachweisen sollte. Über diesen Umweg sollte, so berichtete das «Manager Magazin», Hausbacher diskreditiert und die Landesbank wieder günstig in den Besitz der 49-Prozent-Anteile an der MDL kommen.
In dem seit rund zwei Jahren währenden Streit wirft die IIL der Landesbank vor, das gemeinsame Tochterunternehmen MDL absichtlich in den Bankrott gewirtschaftet zu haben. Ziel sei auch hier gewesen, die IIL-Anteile an der MDL günstig übernehmen zu können. So habe die Sachsen LB im Jahr 2003 zugesagte Darlehen gekappt, worauf der Wert der MDL innerhalb weniger Monate von 360 auf 80 Millionen Euro gesunken sei, argumentierte die IIL bei der mündlichen Verhandlung Anfang Dezember vor der 6. Zivilkammer des Landgerichts. Zudem habe MDL-Chefin Andrea Braun das Neugeschäft der MDL eingestellt, so dass das Unternehmen gar keine Chance mehr gehabt habe, sich zu erholen. Die Bank hat die Vorwürfe bisher zurückgewiesen.
Die Sachsen LB, einzige ostdeutsche Landesbank, sieht dem Richterspruch am Freitag gelassen entgegen. Man sei optimistisch, dass die Schadenersatzforderung, zumindest in dieser Höhe, abgelehnt werde, sagte Banksprecher Frank Steinmeyer.
Dabei ist der Streit um Schadenersatz nur ein Schauplatz von mehreren. Anfang 2004 war es zunächst um angeblich zu große Dienstwagen und bereits auch schon um Bespitzelungen gegangen. Außerdem sorgte die Beziehung zwischen Braun und dem ehemaligen Chef der Landesbank, Michael Weiss, in dieser Gemengelage für Schlagzeilen.
Die Affäre nahm an Schärfe zu, als es im Streit mit der IIL um viel Geld ging. Weil der Verdacht der Urkundenfälschung nicht ausgeräumt werden konnte, nahmen Weiss und Vorstandskollege Rainer Fuchs im Februar 2005 ihren Hut. Als durchsickerte, dass Weiss´ Nachfolger Hans-Jürgen Klumpp offenbar die undichte Stelle im Unternehmen war, der Internes nach außen trug, musste auch er im November vergangenen Jahres gehen. Mit der Aufsichtspflicht der Politik über die Landesbank befasst sich seit Juni 2005 auch ein Untersuchungsausschuss des Landtages. Zurzeit wir die Sachsen LB von Herbert Süß geführt.
(ddp)