DNN/LVZ, 06.03.2006
Ermittlungsfehler ohne personelle Folgen
In der Polizeidirektion (PD) Dresden wird es nach dem Recherchefehler der "Sonderkommission Stephanie" keine personellen Konsequenzen geben. Das sagte Pressesprecher Thomas Herbst auf DNN-Anfrage. Gründe für diese Entscheidung nannte er nicht. Außerdem wollen sich die Verantwortlichen der PD nicht zur Untersuchung der Ermittlungsarbeit äußern, obwohl PD-Chef Dieter Hanitsch eine entsprechende Stellungnahme angekündigt hatte. "Wir sind von dieser Absicht abgerückt", begründete Pressesprecher Thomas Herbst, die Direktion sei "nicht dazu aufgerufen", sich zu der Fehleranalyse zu äußern. Für die PD sei diese Angelegenheit damit erledigt, "wir blicken jetzt in die Zukunft".
Das Nachrichtenmagazin "Focus" spricht dagegen von einer Fehlentscheidung der Dresdner Polizei, die zur Ermittlungspanne geführt habe. So sei kein Soko-Mitglied mit der Computerrecherche nach Sexualstraftätern betraut gewesen, sondern ein Beamter des Kommissariats Datenstation/ Auswertung. Der Experte sei mit dem Suchsystem für Sexualstraftäter nicht vertraut gewesen, berichtet das Magazin mit Verweis auf den 36-seitigen Untersuchungsbericht der Chemnitzer Polizei. Auch soll den Ermittlern schon vor der Pressekonferenz am 16. Februar bekannt gewesen sein, dass der Tatverdächtige Mario M. im Fahndungscomputer mit seiner neuen Adresse registriert war.
Für eine Stellungnahme war gestern kein Verantwortlicher der Polizeidirektion Dresden zu erreichen. Staatsanwalt Christian Avenarius bestätigte aber der Nachrichtenagentur dpa, dass es polizeiintern üblich sei, für komplizierte Recherchen am Computer Spezialisten heranzuziehen. "Das ist nicht ungewöhnlich", sagte er.
Im Computersystem der Polizei muss nun bei Adressenabfragen zu "Sexualstraftätern" auch nach "sexuell motivierten Straftaten" gesucht werden. Das Versäumnis, den zweiten Suchbegriff nicht genutzt zu haben, könnte die Leidenszeit der 13-jährigen Stephanie verlängert haben, ergab die Fehleranalyse der PD Chemnitz. Ob die Abfrage beider Suchworte der "Sonderkommission Heller" neue Ermittlungsansätze eröffnen könnte, die nach einem Unbekannten sucht, der in Hellerau und Coswig zwei Mädchen sexuell missbraucht hat, konnte Herbst nicht sagen. "Dort ist die Konstellation anders, wir haben zwei unterschiedliche Tatorte und außerdem das Erbmaterial des Täters."
Christoph Springer/dpa