Dresdner Morgenpost, 15.03.2006
Ende einer Freundschaft
Kommentar von Gerhard Jakob
Nolle wirft den Bettel hin. Mit seinem demonstrativen Abgang als wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD ist etwas offen in die Brüche gegangen, was schon lange unter Spannung stand: die politische Männerfreundschaft zwischen Wirtschaftsminister Thomas Jurk und dem SPD-Poltergeist
Karl Nolle.
Nicht, dass sich die beiden in aller Öffentlichkeit ständig in den Armen gelegen hätten. Aber im Kampf gegen die ehemalige SPD-Chefin Konstanze Krehl haben die beiden höchst effektiv zusammengewirkt. Nolle machte den Rammbock, Jurk brauchte dann nur noch ein bisschen anzutippen, um Krehl endgültig zu Fall zu bringen - und ihren Posten zu erben.
Spätestens mit dem Eintritt der SPD als 10-Prozent-Juniorpartner in die CDU Staatsregierung waren die Tage des Männerbündnisses gezählt. Jurk wurde Minister und vertritt seitdem die Staatsräson, Nolle aber machte weiter wie bisher - mit wenig Rücksicht auf machtpolitische Befindlichkeiten seiner Parteifreunde.
Trotzdem oder gerade deswegen - Nolle ist bis heute der einzige SPD-Politiker, der im Freistaat dank seiner dampfenden Geradlinigkeit so etwas wie Popularität genießt. Jurk dagegen blieb bis heute der farblose Minister „Wer?". Das konnte nicht gut gehen - aus Gleichgesinnten wurden Rivalen.
Das Ringen hinter den Kulissen hat Jurk nun mit dem einfachsten aller Mittel für sich entschieden: Der Minister ließ Nolle informationsmäßig am ausgestreckten Arm verhungern.
Und Nolle? Der hat mit seinem Rücktritt seinen letzten Trumpf ausgespielt. Jurk und die SPD-Fraktion haben ihren Strörenfried ausmanövriert. Aber gerade das könnte die Partei noch teuer zu stehen kommen. Hat die SPD schon bisher Schwierigkeiten, neben der CDU als Regierungspartner wahrgenommen zu werden, droht der Sachsen-SPD mit Nolles Abgang der Verlust ihrer letzten Konturen. (Bericht Seite 12)