Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 24.04.2006

Mitverantwortung

Landes-SPD nimmt ihre Rolle als Regierungspartner an
 
Die Oppositionsrolle ist bequem, und sie ist gefährlich. Weil sie dauerhaft einschläfert und die Kreativität blockiert. Für die sächsische SPD kann daher das Ergebnis der letzten Landtagswahl wie ein Adrenalinschub gewirkt haben. Die Regierungsbeteiligung erlöste einen demoralisierten Landesverband aus der Funktion des notorischen Nein-Sagers, der rhetorisch überziehen musste, um überhaupt wahrgenommen zu werden.

Sachsens Sozialdemokraten benötigten lange, um nach dem Rausch der Machtteilhabe den Kater der Ernüchterung zu überwinden. Manche interne Schlappe spiegelte das Kräfteverhältnis wider, das der Wähler bestimmt hatte. Sie haben der CDU im Freistaat gut viermal mehr Stimmen gegeben. Andere Enttäuschungen resultierten aus dem Gegensatz zwischen ideologischen Ansprüchen und der Realität der neuen Mitverantwortung. Gerade in der Schulpolitik reiften nicht alle Blütenträume.

Mit einem Zukunftskongress demonstriert die SPD nunmehr ihre frisch gewonnene Stabilität. „Die Zukunft kann man am besten voraussagen, indem man sie selbst gestaltet", hatte Chefkritiker Karl Nolle kürzlich einen weisen Spruch verbreitet. Seine Genossen bemühen sich, ihn umzusetzen.

Der Aufwand, den die kleine Fraktion für das große Forum veranstaltete, war beachtlich. Drei Regionalkonferenzen sollen folgen.

Für die Sozialdemokraten ist der Kraftakt auch ein Beitrag im schwierigen Prozess des Selbsterhalts. Hinter der PDS sind sie weit abgeschlagen zur Nummer 3 degradiert worden. Zu etwas Optimismus gibt die Mitgliederentwicklung Anlass: Seit dem Koalitionseintritt hat sich die Aktivistenzahl mit 4500 auf niedrigstem Niveau stabilisiert. Bundesweit widersteht neben Sachsen lediglich der Bezirk Hessen-Süd dem Trend zum Exodus der guten, alten SPD.

Ob die relative Stabilität und das neue Interesse bei Mitgliedern unter 30 Jahren als Zustimmung für die Ehe mit der CDU bewertet werden kann? - Nach einer internen Umfrage schneidet die SPD bei der „Sonntagsfrage" in Sachsen nur geringfügig besser ab als bei der letzten Wahl.

Vergleiche mit Berlin hinken aus sächsischer Sicht. Im Bund regiert eine große Koalition, die diesen Namen zu Recht trägt. In nahezu gleichberechtigter Partnerschaft kann die SPD auch ein unverwechselbares Profil entwickeln. Hierzulande tritt sie soeben aus ihrer Übungsphase als Regierungspartei. Die Basis ist gut beraten, Kraft und Spielraum ihrer Vorturner nicht zu überschätzen.
von Hubert Kemper

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: