Sächsische Zeitung, 12.05.2006
Landtag zeigt Porsch rote Karte
Parlament. Sachsens PDS-Fraktionschef soll wegen Stasi-Vorwürfen sein Mandat verlieren.
Dresden. Der Sächsische Landtag hat sich mit klarer Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Abgeordnetenanklage gegen den Vorsitzenden der PDS-Landtagsfraktion, Peter Porsch, ausgesprochen. 83 Abgeordnete stimmten gestern am späten Abend für die Übergabe der Anklage an den Sächsischen Verfassungsgerichtshof, der nun über eine mögliche Aberkennung des Mandats entscheidet. 31 Abgeordnete – die komplette PDS-Fraktion – votierten mit Nein, fünf enthielten sich.
Der langjährige PDS-Fraktionschef Porsch bestreitet eine wissentliche Stasi-Mitarbeit. Er hatte aber nicht ausgeschlossen, vom DDR-Geheimdienst ohne seine Kenntnis abgeschöpft worden zu sein.
Porsch verzichtete in der fast vierstündigen Debatte zunächst auf eine Erklärung zu dem Antrag, der von Abgeordneten mehrerer Fraktionen eingebracht worden war. Erst vor der Abstimmung meldete er sich zu Wort und bezeichnete die Vorgänge als „absurd“. Er sehe dem Gerichtsverfahren gelassen entgegen. Mehrere Redner hatten zuvor scharf kritisiert, dass sich Porsch im Immunitätsausschuss des Landtags nicht zu den Vorwürfen geäußert hatte. Porsch sei der Auseinandersetzung in der Sache völlig ausgewichen, sagte der grüne Abgeordnete Karl-Heinz Gerstenberg. Er hielt Porsch Verdrängung und selektive Erinnerung, „eine Strategie des Leugnens und Vertuschens“ vor. Ein solcher Politiker sei als Volksvertreter unzumutbar.
Porsch wird unter anderem vorgeworfen, in den 80er Jahren Informationen aus der Leipziger Literaturszene an den Staatssicherheitsdienst der DDR geliefert zu haben. PDS-Geschäftsführer André Hahn bezeichnete das Vorgehen gegen Porsch als einen „politischen Willkürakt mit inquisitorischen Zügen“.
Porsch hatte in der Vergangenheit mehrmals versucht, auch den Medien eine Berichterstattung über die Stasi-Vorwürfe gegen ihn zu verbieten.
von Annette Binninger