Sächsische Zeitung, 20.05.2006
Verschnupfte Genossen und kranke Lehrer
Sächsisch betrachtet von Gunnar Saft
AUCH wenn es zwischen Sachsens SPD-Vorsitzenden Thomas Jurk und dem als kompromisslos-schwierig geltenden Chefaufklärer der Sozialdemokraten, dem Landtagsabgeordneten
Karl Nolle, menschlich häufig kracht, haben sie durchaus einige Gemeinsamkeiten. So sieht man die beiden Politiker zurzeit gleichzeitig mit roten Köpfen leiden. Sowohl Jurk als auch Nolle sind allergisch gegen Pollen und plagen sich mit einem schweren Heuschnupfen. Dem Parteileben tut das offensichtlich ganz gut, denn aktuell gibt es keinerlei Negativ-Schlagzeilen über irgendwelche Zwistigkeiten innerhalb der Landes-SPD. So trifft man dieser Tage häufig auf sichtbar entspannte Sozialdemokraten, die halb scherzend, halb hämisch vor sich hin murmeln: „Ach, wäre es doch immer nur Frühling.“
APROPOS Schnupfen. Die jetzt veröffentlichte Krankenstatistik für die neun sächsischen Staatsministerien sorgte im Dresdner Regierungsviertel für allerlei Gesprächsstoff. Mit einer Quote von über 15 Ausfalltagen im vergangenen Jahr führen die Mitarbeiter des Wissenschaftsministeriums die Liste an, nur knapp gefolgt vom Kultusministerium. Das Vorurteil über die vermeintliche besondere Stressanfälligkeit von Akademikern und Lehrern schien voll bestätigt. Doch in den beiden Häusern fauchte man nur böse zurück. Wenn andere Ministerien wie die Staatskanzlei oder das Wirtschaftsressort nur auf die Hälfte der Krankheitstage kommen, sei das kein Wunder: Die hätten auch nur die Hälfte zu tun. Rums!
ZUM Glück geht es dann aber unserer Gesundheitsministerin immer noch prächtig. Woran das liegen könnte, verriet Helma Orosz (CDU) nach ihrer Rückkehr von einer China-Dienstreise. Dabei hatte sie in einer der Provinzen im Reich der Mitte auch ihren dortigen Kollegen kennen gelernt und überrascht einen wichtigen Unterschied festgestellt: Während Orosz in Sachsen gerade einmal für gut vier Millionen Menschen zuständig ist, wären es im fernen China weit über 100 Millionen. Der Stressfaktor sei dort also 25-mal größer, stellte die Politikerin schelmisch fest. Dabei kann man die Sache auch anders herum sehen: Demnach könnte Sachsen offenbar völlig problemlos auf einige Minister verzichten.