Agenturen ddp-lsc, 17:09 Uhr, 19.06.2006
Tiefes Zerwürfnis - Roßbergs Anwalt legt Mandat nieder
Richter entscheidet am Dienstag über Fortführung des Prozesses
Dresden (ddp-lsc). Der Prozess gegen Dresdens vom Dienst suspendierten Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) droht zu platzen. Am Montagmorgen hatte Roßbergs Anwalt Stefan Heinemann überraschend sein Mandat niedergelegt, da, wie er sagte, das erforderliche Vertrauensverhältnis zu Roßberg nicht mehr bestehe. Die Gründe dafür wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit erläutert. Richter Hans Schlüter-Staats will am Dienstag verkünden, ob das Verfahren fortgeführt wird, denn ach dem Willen Roßbergs soll nun der Dresdner Rechtsanwalt Peter Manthey das Mandat übernehmen.
Dieser beantragte am Montag jedoch, den Prozess auszusetzen. Aufgrund der Aktenfülle benötige er mindestens acht Wochen, um sich einzuarbeiten, hieß es in einer Erklärung Mantheys. Derzeit sehe er sich nicht im Stande, das Stadtoberhaupt zu verteidigen, sei die Angelegenheit doch für Roßberg von «existentieller Bedeutung». Auch die Stadt Dresden habe, seinen Worten zufolge, Interesse daran, dass alle Vorwürfe gegen Roßberg ausgeräumt würden. Wenn der Richter nun diesem Antrag stattgebe, müsste der Prozess neu aufgerollt werden.
Schlüter-Staats muss nun entscheiden, wie schwer das Zerwürfnis zwischen Roßberg und Heinemann ist. Kommt er zu dem Schluss, dass eine Fortführung der Verteidigung durch den Anwalt möglich ist, wird er diesen dem Oberbürgermeister als Pflichtverteidiger beiordnen. In diesem Falle müsste Heinemann die Verteidigung auch gegen den Willen des Stadtoberhaupts wieder aufnehmen und die Verhandlung könnte am Dienstag mit der Vernehmung der Zeugen fortgeführt werden.
Schon in der vergangenen Woche war der Prozess ins Stocken geraten. Zwei Sitzungstage waren wegen gesundheitlicher Probleme des mitangeklagten früheren Fluthilfekoordinators Rainer Sehm entfallen.
Roßberg ist wegen Beihilfe zum Bankrott sowie Untreue und Vorteilsnahme angeklagt. Er wird verdächtigt, seinem Vertrauten Sehm dabei geholfen zu haben, Vermögen an Gläubigern vorbei in die eigene Tasche zu wirtschaften. Die Staatsanwaltschaft wirft Sehm vorsätzlichen Bankrott sowie Bestechlichkeit vor. Während das Stadtoberhaupt in der Verhandlung alle Vorwürfe zurückwies, räumte Sehm zum Prozessauftakt einige der Anschuldigungen ein.
Von Jule Scherer
(Quelle: Alle vor Gericht)
ddp/jks/ape
191709 Jun 06