Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 20.07.2006

Der OB stolpert über seinen Eigensinn

Prozess. Drei Bedienstete des Freistaates Sachsen haben Ingolf Roßberg (FDP) gestern formale Fehler nachgewiesen.
 
Als politischen Prozess hat Dresdens OB Roßberg das Untreue-Verfahren gegen sich interpretiert. Seit gestern dürfte er wissen, dass ihm eher formale als politische Fehler vorgeworfen werden: Drei Bedienstete des Freistaates untermauerten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Roßberg selbst erschien mit sommerlicher Bräune. Doch darunter fand sich keine Spur von Erholung, obwohl das Gericht 14 Tage nicht getagt hatte. Der Befangenheitsantrag gegen die Kammer wurde abgelehnt.

Mehr Geld für gleiche Arbeit

Bei dieser Niederlage für Roßberg blieb es nicht. Hauptthema war der Vertrag für den Ex-Flutkoordinator Rainer Sehm. Roßberg hatte Sehms Gehalt im Frühjahr 2003 von 2 600 Euro auf knapp 9 000 Euro verdreifacht, und den geringer dotierten Vertrag – wie es hieß „in gegenseitigem Einvernehmen“ – gekündigt.

Genau deshalb schrillten bei den Mitarbeitern im Regierungspräsidium die Alarmglocken: Dort hat niemand begriffen, warum Roßberg eine Leistung so viel teurer machte, als sie ursprünglich war. Bruno Bartscher, der damals die Geschäftsstelle Flutschadensbeseitigung leitete, sagte: „Mir war klar, dass das nicht geht.“ Fördermittel gab es nur für investive Maßnahmen. Honorare für Sehms Tätigkeit waren auf 2 600 Euro monatlich begrenzt. Weil die Kommunalaufsicht bereits den Daumen auf dem desolaten Dresdner Haushalt hatte, durfte die Stadt die Differenz nicht aus der eigenen Tasche zahlen.

Gespräche mit Sehm über diese Schwierigkeiten hätten nicht gefruchtet. Im Gegenteil: „Sehm hat gedroht, ich weiß zu viel, das kann sich hier keiner leisten, dass der Vertrag nicht zustande kommt,“ so Bartscher. Kurze Zeit später habe es deshalb ein Gespräch gegeben, bei dem Regierungspräsident Henry Hasenpflug Roßberg die vier strittigen Punkte aufgezählt habe: Unklare Nebengeschäfte Sehms, die Vertragsformulierungen sowie die Stellung Sehms als Abteilungsleiter. Diese drei Punkte wurden von der Stadt zur Zufriedenheit Hasenpflugs überarbeitet. Doch in der Honorarfrage gab es keine Einigung. Roßberg stellte sich offenbar stur, und argumentierte, die höhere Vergütung für Sehm sei „zwingend rechtlich erforderlich“ – eine Einschätzung, die weder im Regierungspräsidium noch in der Staatskanzlei geteilt wurde. Fritz Jäckel sagte aus, er habe starke kommunalrechtliche Bedenken gegen den Sehm-Vertrag, aber auch Zweifel an dessen Qualifikation gehabt.

Hasenpflug sagte dann, die höhere Vergütung für Sehm sei sachlich in keiner Weise gerechtfertigt gewesen, Roßberg sei Begründungen schuldig geblieben. „Ich habe deshalb explizit gesagt, es bleibt bei den 2 600 Euro“, so Hasenpflug. Er sei davon ausgegangen, dass sich Roßberg dann in der Staatskanzlei beschwert. „Ich hatte aber mit denen gesprochen, damit sie mir nicht in den Rücken fallen.“

Hasenpflug erinnert sich nicht

Einen wunden Punkt berührte Roßberg mit dem Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten am 21. Januar 2005. Roßberg will damals – frisch zurück vom sechsstündigen Verhör durch die Staatsanwälte – den Regierungspräsidenten nach einem Rat zum Problem Sehm gefragt und die Antwort erhalten haben, es fände sich eine Lösung. An diesen Satz konnte sich Hasenpflug nicht erinnern. Roßberg schob sich dabei nach vorn und fixierte den Regierungspräsidenten scharf. Danach war der OB außer sich, verlangte eine Pause. Roßbergs Ehefrau Astrid sprach dann mit Hasenpflug. Doch der sah nicht so aus, als ob er seine Meinung ändert.
Von Petra-Alexandra Buhl

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