Agenturen, dpa/sn, 17:30 Uhr, 17.08.2006
Spendenaffäre - Anklage gegen Ex-Wirtschaftsminister Schommer
Dresden (dpa/sn) - Gegen Sachsens Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) ist Anklage wegen Bestechlichkeit, Untreue und Falschaussage erhoben worden. «Wir halten es für wahrscheinlich, dass Schommer deswegen verurteilt wird», sagte der Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft, Christian Avenarius, am Donnerstag der dpa. Die Vorwürfe beziehen sich auf die vermeintliche Spendenaffäre um die Zwickauer Firma Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG) Ende der 1990- er Jahre. Nach Angaben von Avenarius liegt ein hinreichender Tatverdacht vor. Schommer wies die Anschuldigungen erneut zurück.
Den Fall hatte der frühere SAG-Vorstand Ulf Rittinghaus ins Rollen gebracht. Vor dem Sachsenring-Untersuchungsausschuss des Landtages sagte er 2003 aus, dass Schommer ihn im Oktober 1998 um eine Spende von damals fünf Millionen Mark für die CDU ersucht habe. Für eine Imagekampagne zum Nutzen der Union zahlte Sachsenring später drei Millionen Mark. Laut Rittinghaus hatte das Land im Gegenzug seine Zuschüsse für den Verkauf des Chipherstellers Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) an die SAG um vier Millionen Mark erhöht.
Die Kampagne «Sachsen für Sachsen» lief 1999 im Jahr der Landtagswahl und sollte die Erfolge des Freistaates herausstellen. Das Projekt wurde fast ausschließlich von Sachsenring bezahlt. Schommer hatte einen Zusammenhang zwischen dieser Summe und der Erhöhung der Landeszuschüsse für den Firmenkauf stets bestritten.
Das bekräftigte er am Donnerstag nochmals: «Ich habe nicht veranlasst, das für den ZMD-Erwerb Rittinghaus' SAG vier Millionen Mark mehr als Ausgleichsbetrag erhält, um davon die Imagekampagne "Sachsen für Sachsen" zu finanzieren. Den angeblichen Spendendeal hat es nicht gegeben», schrieb Schommer in einer Stellungnahme.
Die Erhöhung der Zuschüsse hatte der Ex-Minister seinerzeit damit begründet, dass Rittinghaus bei den Kaufverhandlungen Druck gemacht und mit einem Abbruch gedroht habe. Die Verhandlungen seien aber nicht in seiner Regie gelaufen, betonte er: «Die Anklage ist für mich ein abenteuerliches Konglomerat aus substanzlosen Mutmaßungen und nicht nachvollziehbaren Spekulationen.» Es sei aber gut, dass nun «endlich ein ordentliches Gericht diese unhaltbaren Vorwürfe zur Prüfung auf den Tisch bekommt».
Der Schritt gegen Schommer löste geteiltes Echo aus. Die CDU im Landtag nahm die Anklageerhebung «mit mehr als großer Verwunderung zur Kenntnis». Rittinghaus habe dem Gremium keinen einzigen Beleg für seine «absurden Behauptungen» vorlegen können. Die Grünen sehen in der Anklage den Beleg dafür, «dass in Sachsen auch ehemalige Mitglieder der Landesregierung vor dem Gesetz gleich sind».
«Die Anklageerhebung ist endlich der Beginn der juristischen Aufarbeitung einer Vielzahl von Korruptionsvorwürfen, die von Betrug über Untreue, zu Bestechlichkeit und Vorteilsnahme gehen und streng riechen. Es ist gut, dass sich endlich ein unabhängiges Gericht mit dem Vorgang beschäftigt», sagte der SPD-Abgeordnete
Karl Nolle.
dpa su yysn bd
171713 Aug 06