Dresdner Morgenpost, 18.08.2006
Schommer Anklage: Für Bikos Liebling geht's um die Wurst
DRESDEN - Jetzt wird es ernst für Kajo Schommer (CDU)! Die Staatsanwaltschaft hat den Ex-Wirtschaftsminister, einst Bikos Liebling im Kabinett, wegen Bestechlichkeit im schweren Fall, Falschaussage und Untreue im Amt in der Sachsenring -Affäre angeklagt. Schommer selbst weist alle Vorwürfe zurück.
Christian Avenarius, Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden: „Die Vorwürfe beziehen sich auf die Spendenaffäre Ende der 90er Jahre in der Firma Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG) in Zwickau." Die Affäre beschäftigte bereits in der vergangenen Legislatur einen Untersuchungsausschuss im Landtag. „Dort hat er in der Sache bereits ausgesagt, was wir als Falschaussage werten."
Den Spenden-Skandal hat der einstige SAG-Vorstand Ulf Rittinghaus ins
Rollen gebracht: 2003 sagte er vor dem Untersuchungsausschuss, dass Schommer ihn im Oktober 1998 um eine Spende für die CDU gebeten habe. Es ging um die Imagekampagne `„Sachsen für Sachsen". Die Kampagne lief 1999 im Jahr der Landtagswahl - und sollte die Erfolge des Freistaates herausstellen.
Sachsenring hat letztlich drei Millionen Mark gezahlt. Im Gegenzug habe der Freistaat seine Zuschüsse für den Verkauf des staatseigenen Chipherstellers ZMD an die SAG um vier Millionen Mark erhöht. Avenarius: „Wir sehen darin die Bestechlichkeit und Untreue; dem Freistaat ist ein Schaden von vier Millionen Mark entstanden."
Dass die Erhöhung auf vier Millionen Mark nötig war, hat Schommer stets damit begründet, dass Rittinghaus bei den Kaufverhandlungen Druck gemacht und mit einem Abbruch gedroht habe. Schommer gestern: „Ich habe nicht veranlasst, dass für den ZMD-Erwerb Rittinghaus' SAG vier Millionen Mark mehr als Ausgleichsbetrag erhält, um davon die Imagekampagne zu finanzieren. Den angeblichen Spendendeal hat es nicht gegeben."
Georg Hamburger (CDU), damals Mitglied im Untersuchungsausschuss: „Der Ausschuss hat alle Behauptungen von Rittinghaus durch eindeutige Zeugenaussagen widerlegt." Die CDU-Fraktion nimmt die Anklageerhebung daher „mit großer Verwunderung zur Kenntnis". Zufrieden mit der Anklage zeigte sich gestern SPD-Schwergewicht
Karl Nolle: „Die Anklageerhebung ist endlich der Beginn der juristischen Aufarbeitung einer Vielzahl von Korruptionsvorwürfen, die von Betrug über Untreue, zu Bestechlichkeit und Vorteilsnahme gehen und streng riechen. Es ist gut, dass sich ein unabhängiges Gericht mit dem Vorgang beschäftigt."
Der Staatsanwaltschaft liegen nach zwei Jahren Ermittlungen gegen Schommer 16 Kisten mit Akten und Beweisen vor. Für den Ex-Minister geht's nun um die Wurst. Christian Avenarius: „Ihm droht bei einer Verurteilung eine Strafe von bis zu zehn Jahren."
Von Jens Jungmann