Stuttgarter Zeitung, 18.08.2006
Eine Weiterbildung in Italien zum Unternehmensberater
Der sächsische Landtagspräsident Erich Iltgen könnte Opfer einer staatlich finanzierten Reise für den Landtagsdirektor werden
Zuerst ist der sächsische Landtagsdirektor Christopher Metz wegen Untreueverdacht in die Schlagzeilen geraten. Jetzt droht auch seinem Vorgesetzten Erich Iltgen (CDU) Ungemach, weil der ihm eine offenbar private Weiterbildung in Italien mit Steuergeldern versüßte.
Falls nicht schnell "überzeugende und rechtlich unangreifbare" Antworten folgen, habe die "Vetternwirtschaft in Sachsen wohl auch die Parlamentsspitze erreicht", wettert der sächsische SPD-Abgeordnete
Karl Nolle, "ein Landtagspräsident mit Untreuevorwürfen, das hatten wir noch nicht in Deutschland." Die Rede ist von Erich Iltgen. Der verdienstvolle Moderator des Dresdner runden Tisches aus dem Wendeherbst 1989 war wenige Monate später zum Präsidenten des sächsischen Landtags gewählt worden. Seither übte der Christdemokrat dieses Amt so aus, dass ihm selbst der politische Gegner bis hin zur PDS Respekt zollte. Nur der Einzug der NPD in den Landtag im Herbst 2004 und das provokante Agieren ihrer Leute ließ ihn manchmal etwas unsouverän wirken.
Doch nun hagelt es ausgerechnet während der Parlamentsferien aus zwei Fraktionen Rücktrittsforderungen gegen den 66-Jährigen. Sogar zu einer vorzeitigen Krisensitzung kommen die Volksvertreter in wenigen Tagen zusammen, und es steht noch offen, ob Iltgen diese politisch überlebt. Dabei wird nicht dem Landtagspräsident Korruption vorgeworfen, sondern dem höchsten Angestellten des Hohen Hauses, Landtagsdirektor Christopher Metz.
Seit Wochen steht der 51-jährige Jurist in den Schlagzeilen, und eigentlich dürfte er nicht zu halten sein. Denn gegen ihn ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft wegen Untreue. So gab Metz zu, seinen dienstlichen Mercedes samt Chauffeur in mindestens zehn Fällen seiner Freundin zur Verfügung gestellt zu haben. Auch er selbst düste damit in zahllosen Fällen privat nach Bayern.
Überdies empfahl er offenbar ausgerechnet jene Firma, bei der seine Lebensgefährtin arbeitet, für Schulungen von Landtagsmitarbeitern. Sein Vorstoß von 2005, den Etat für Personalförderung um zusätzlich 20 000 Euro aufzustocken, erscheint nun in einem pikanten Zwielicht.
Zu Rücktrittsforderungen gegen Iltgen kam es jedoch aus einem weiteren Grund: Demnach soll der Landtagspräsident seinem Direktor weit gehend auf Steuerzahlers Kosten eine "berufsbegleitende Fortbildung" zum Unternehmensberater (!) im italienischen Umbrien genehmigt haben. Mithin machte er "triftige Gründe" dafür geltend, dass Metz für seinen diesmal benutzten Privatwagen Fahrtkosten abrechnen kann. Er erhöhte ihm auch den sonst üblichen Übernachtungssatz von 81,81 Euro und gestand ihm für die einwöchige Italientour ein "Auslandstrennungsgeld" zu.
Für SPD-Mann Nolle handelt es sich um eine "quasi private Urlaubsreise", womit er mittlerweile auch Amt und Person des Landtagspräsidenten beschädigt sieht. Denn Iltgen müsse sich schon fragen lassen, was das Parlament mit der Weiterbildung eines seiner Angestellten zum Unternehmensberater zu schaffen habe. Zumindest hätte Metz hierfür "wie jeder normale Mitarbeiter" unbezahlten Urlaub nehmen müssen. Auch die Linksfraktion sieht die Affäre Metz zu einer "Affäre Iltgen" ausgewachsen und fürchtet, dass "scheibchenweise immer neue Peinlichkeiten" aufkämen. Die Grünen beantragten zudem jene Sondersitzung.
von Harald Lachmann