Sächsische Zeitung, 22.08.2006
Dem Prozess geht die Luft aus
Justiz. Der Verfahrensstoff in der Amigo-Affäre neigt sich dem Ende zu. Am 4. September soll ein Urteil gesprochen werden.
Inzwischen bringen die Zeugen im Roßberg-Sehm-Prozess nur noch wenig inhaltlich neue Substanz für die Untreuevorwürfe gegen Ingolf Roßberg (FDP) und für die Bestechlichkeitsvorwürfe gegen den ehemaligen Flutkoordinator Rainer Sehm.
Nur in den Details gibt es noch amüsante Überraschungen: So sagte Sven Mania, der mit Sehm im Flutschadensbüro zusammenarbeitete, Sehm sei „perfekt in der floralen Kommunikation“ und „die erste Waffe“ gegenüber der Staatskanzlei gewesen. Roßberg schaute ihn dafür finster mit zusammengezogenen Augenbrauen an. In der Sache bestätigte Mania als erster Zeuge, dass der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zuerst an einen von Roßbergs Anwälten ging, ehe er den Stadträten vorgelegt wurde – entweder an Klaus Voigt oder Stefan Heinemann. Die Räte hatten nach der Durchsuchung des Rathauses im Januar 2005 Aufklärung über das Dienstverhältnis Sehms verlangt. Mania bestätigte überdies, dass der Bericht für die Stadträte von Roßbergs Anwalt manipuliert wurde: „Die Kosten für Sehm waren in unserer Stellungnahme noch aufgeführt. In der Endfassung für die Stadträte haben sie aber gefehlt.“
Reinhard Koettnitz, der Leiter des Straßen- und Tiefbauamtes, sagte aus, er habe sich gegen den Generalübernehmervertrag für GVZ Nord Plant aus vergaberechtlichen und sachlichen Gründen gewehrt. „Der Generalübernehmervertrag wurde uns von der Staatskanzlei aufoktroyiert“, so Koettnitz. Die Arbeiten hätte man ebensogut in der Verwaltung machen können. Er selbst habe mit dem DVB-Vorstand Frank Müller-Eberstein ein Konzept für verschiedene Arbeiten entwickelt. Der Vertrag mit GVZ kam nicht zustande, die Vorgespräche dazu dienen der Staatsanwaltschaft aber als Beleg für ihre Vorwürfe gegen Sehm und Roßberg. Stattdessen erhielt die Bovis Lend Lease (BLL) den Auftrag über vier Millionen Euro.
OB-Verteidiger Peter Manthey scheiterte mit seinem Antrag, die Öffentlichkeit auszuschließen. Manthey sagte, der als Zeuge geladene Journalist einer örtlichen Tageszeitung könne in der öffentlichen Verhandlung eventuell nicht wahrheitsgemäß aussagen. Der Antrag wurde abgelehnt. Der Journalist sagte zum Prozess gegen Simone Heine aus. Er hatte eine Reinschrift seiner Prozess-Aufzeichnungen der Staatsanwaltschaft übersandt. Simone Heine sagte damals aus, sie habe die Firma Actor Consulting im Auftrag von Roßberg und Sehm gegründet, um Geld am Insolvenzverwalter vorbeizuschleusen. Die mit Actor Consulting geschlossenen Verträge nannte das Gericht damals sittenwidrig.
Am Donnerstag geht der Prozess um 9 Uhr weiter. Zeugen u.a.: Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU), Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU), Stadtsprecher Kai Schulz.
Von Petra-Alexandra Buhl