Agenturen dpa, 17:26 Uhr, 27.09.2006
CDU wegen Hymne in der Kritik - Kreisverband weist Vorwürfe zurück
Pirna (dpa/sn) - Sachsens CDU steht wegen ihres Umgangs mit dem Deutschlandlied in der Kritik. Nachdem der Kreisverband Sächsische Schweiz laut «Bild»-Zeitung für eine Feier zum Tag der Deutschen Einheit alle drei Strophen der Hymne auf die Einladung drucken ließ, häuften sich am Mittwoch die Vorwürfe. Fazit: Die CDU spiele damit Rechtsextremen in die Hände. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer wies das zurück. «Die Kritik ist in der Sache unbegründet und in der Art unverschämt.» Die Union habe sich immer wieder mit Rechtsextremismus auseinander gesetzt und brauche keine Nachhilfe.
Kretschmer verwies darauf, dass die Hymne genauso wie in jedem Schulbuch abgedruckt sei. Außerdem gebe es auf der Einladung einen historischen Abriss ihrer Entstehung. Der Kreisverband Sächsische Schweiz räumte dagegen einen Mangel ein. «Im Nachhinein könnte man sagen, man hat es nicht idiotensicher gemacht», sagte Pressesprecher Jens Michel der dpa. Angesichts der Wahlerfolge der NPD gehe es darum, sich mit solchen Themen zu befassen. Die CDU habe mit dem Abdruck der Hymne aufklären wollen.
«Wer glaubt, mit einer Übernahme rechtsextremistischer Symbolik den Einfluss der NPD zurückzudrängen, der befindet sich mit absoluter Sicherheit auf dem Holzweg», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Landtag, André Hahn. Nach Ansicht der Grünen werden so die Grenzen der Demokraten zu den Extremisten verwischt. Die ersten beiden Strophen der Hymne mit Worten wie «Deutschland, Deutschland über alles» werden offiziell nicht verwendet.
Die Grünen plädierten für eine «Sanierung der Nationalhymne», bei denen die ersten zwei Strophen gestrichen und der dritten neue Zeilen angefügt werden. Dies würde «den Patrioten der CDU manche Peinlichkeit ersparen», sagte Landesvorstandssprecher Claus Krüger. Die SPD-Nachwuchsorganisation Jusos warb für eine «zeitgemäße Hymne». Der Abdruck der ersten Strophe auf der Einladung sei eine völlig falsche Botschaft an die europäischen Nachbarn, sagte Juso-Chef Holger Mann. Der SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle warf dem zuständigen CDU-Landrat Michael Geisler vor, in «trüber brauner Soße» zu fischen.
Die Bemühungen der sächsischen CDU um mehr Patriotismus hatten schon vor rund einem Jahr beim Koalitionspartner SPD Widerstand ausgelöst. Ein gemeinsamer Parlamentsantrag zum Singen der Nationalhymne an den Schulen kam nach einem Veto der Sozialdemokraten nicht zu Stande. Zuvor hatte die CDU auf einem Parteitag ein Thesenpapier zum Patriotismus verabschiedet. Nach dem Willen der Partei sollten damit «national Gesinnte in der demokratischen Mitte» aufgefangen werden.
dpa su yysn ba
271726 Sep 06