DNN/LVZ, 12.10.2006
Milbradt weist Lügen-Vorwurf zurück
Dresden. Die Affäre um die Landesbank SachsenLB hat Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) erneut mit voller Wucht erwischt. Unter dem Druck des Vorwurfs, das Parlament belogen zu haben, ließ Milbradt gestern im Landtag von seinem Justizminister Geert Mackenroth (CDU) eine Erklärung verlesen, mit der er Angriffe der Opposition und eines früheren Bank-Managers zurückwies. Zugleich erteilte er seinem Finanzminister Horst Metz (CDU) einen heftigen Seitenhieb.
Am Montag hatte das frühere SachsenLB-Vorstandsmitglied Rainer Fuchs im Landesbank-Untersuchungsausschuss betont, er sei "rausgeschmissen" worden. Milbradt hatte dagegen am 25. Februar 2005 im Landtag erklärt, Fuchs wie auch Sachsen-LB-Vorstandschef Michael Weiss hätten selbst "um ihre Abberufung gebeten". Der Widerspruch ist genug Munition für die Opposition, die seither mit dem Vorwurf der Lüge den Druck auf Milbradt und Metz erhöht.
Doch der Regierungschef ging gestern in die Offensive. In seinem Namen betonte Justizminister Mackenroth, Milbradts Erklärung vom vorigen Februar habe dem damaligen Kenntnisstand und der Absicht entsprochen, "eine Trennung in Ehren" zu ermöglichen und Schaden vom Freistaat abzuwenden. "Den Vorwurf der Lüge oder der bewussten Täuschung des Landtags weist der Ministerpräsident entschieden zurück." Milbradt habe bereits vor Gericht seine Sicht der Dinge mitgeteilt und werde nicht der Versuchung erliegen, den Landtag als Bühne für eine Prozessführung in schwebenden Verfahren zu missbrauchen, sagte Mackenroth. Der Regierungschef verabschiedete währenddessen noch den russischen Präsidenten Putin.
Zudem gab es in der Erklärung einen Einschub, der es in sich hatte: Der Ministerpräsident bedauere, hieß es, dass eine einvernehmliche und in solchen Fällen übliche vorzeitige Auflösung der Dienstverträge nicht erreicht werden konnte. Der Satz gilt in Regierungskreisen auch als Angriff auf Finanzminister Metz, der bei Verhandlungen erfolglos blieb. Dabei sei es Metz' Aufgabe gewesen, die Kuh vom Eis zu holen. Der Minister ist derweil seit Dienstagfrüh erkrankt und will sich wegen laufender Klagen zu der Sache nicht äußern. Fuchs, dessen Vertrag erst im Frühjahr 2007 ausläuft, hat die Bank auf Schadensersatz und Milbradt auf Widerruf verklagt.
Der Opposition reichten die Erklärungen jedoch nicht aus. "Die Stellungnahme war völlig unzureichend und brachte keine Klärung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, André Hahn. Der Dringliche Antrag werde daher morgen wieder aufgerufen. Solange der Vorwurf einer Täuschung des Parlaments im Raum stehe, könne der Landtag nicht zur Tagesordnung übergehen. "Sollte der Ministerpräsident allerdings vorhaben, sich in die Bundesratssitzung zu flüchten, werden wir die Angelegenheit bereits heute erneut thematisieren", so Hahn. Ausschuss-Obmann Klaus Tischendorf (Linkspartei) warf Milbradt vor, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Landtag und Ministerpräsident tief gestört sei. Unterstützung gibt es da auch von den Grünen: "Dieser Auftritt reichte uns nicht aus. Das muss der Chef schon selber machen", sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau.
Hintergrund für den Konflikt ist das in solchen Fällen zumeist übliche Verfahren: Spitzenmanager, die gefeuert werden, erhalten die Chance für den eigenen Rücktritt, um das Gesicht zu wahren. Anschließend werden in Auflösungsverträgen alle gegenseitigen Ansprüche geklärt. Auch am 25. Februar 2005 soll Milbradt mit Bankchef Weiss telefoniert haben, mit Fuchs jedoch nicht. Dass sich der Regierungschef in den nächsten Tagen noch einmal zum Lügen-Vorwurf äußert, ist nicht zu erwarten. Der von Mackenroth vorgetragenen Erklärung sei "nichts hinzuzufügen", heißt es in der Staatskanzlei. Milbradt werde "selbstverständlich" morgen im Bundesrat sein.