DNN/LVZ, 17.10.2006
Ladenschluss spaltet die Koalition
Dresden. Der Streit um die Neuregelung der Ladenöffnungszeiten spitzt sich zu. Die Mehrheit der CDU-Fraktion will einen Gesetzentwurf vorlegen, der in entscheidenden Punkten von den bisherigen Vorstellungen des SPD-geführten Wirtschaftsministeriums abweicht. SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss reagierte gestern verärgert und wies den Vorstoß als "unseriös" zurück. Die FDP-Fraktion nannte den CDU-Vorstoß eine "schallende Ohrfeige für Wirtschaftsminister Thomas Jurk". Eine Regelung für das Weihnachtsgeschäft scheint allerdings ohnehin nur mit einer Zwischenlösung möglich. Für eine grundsätzliche Neuregelung dürfte die Zeit für das parlamentarische Verfahren fehlen.
Nach Angaben des CDU-Landtagsabgeordneten Günther Schneider wird der von ihm initiierte Vorstoß von 32 Unionsabgeordneten getragen. Dazu zählt mit Flath auch ein Mitglied der CDU/SPD-Regierung. Laut Schneider beabsichtigen die Unterzeichner, den Gesetzentwurfs noch in dieser Woche in das Parlament einzubringen. Im November soll er im Landtag behandelt werden.
CDU-Fraktionschef Fritz Hähle sagte hingegen, dass die Fraktion auf ihrer Sitzung morgen noch einmal über den Gesetzentwurf sprechen werde, um eine Verständigung mit der SPD auszuloten.
Schneider betonte, der Vorstoß sei "keine Maßnahme der Fraktion, sondern eine Initiative von Abgeordneten". Dem Papier zufolge soll der Ladenschluss an den Werktagen vollständig aufgehoben werden. Zugleich sollen die Kommunen in eigener Verantwortung sechs Sonntage im Jahr bestimmen können, an denen ebenfalls die Ladenöffnung möglich ist.
SPD-Fraktionschef Weiss kritisierte den Vorschlag. Der Vorgang sei "für eine Koalition höchst ungewöhnlich". Er warf Kultusminister Flath vor, sich mit der Unterstützung der Initiative in das Ressort von Jurk einzumischen. Flath selbst habe sich in einem anderen Fall solch eine Einmischung verbeten. Nun schaffe er selbst einen Präzedenzfall.
Laut Entwurf des Wirtschaftsministeriums sollen die Öffnungszeiten an Werktagen lediglich bis 22 Uhr ausgeweitet werden. Zudem soll es weiterhin an vier Sonntagen im Jahr möglich sein, die Geschäfte zu öffnen. Im Unterschied zur bisherigen Regelung lässt es der Entwurf für "Orte mit traditionellen Weihnachtsmärkten" zu, an allen vier Adventssonntagen die Geschäfte zu öffnen.
Laut Ministeriumssprecherin Lea Mock soll der Vorschlag im Kabinett Ende Oktober/Anfang November behandelt werden, damit er noch rechtzeitig für die nächste Landtagssitzung Mitte November eingebracht werden kann.
Linkspartei-Fraktionschef Peter Porsch nannte den CDU-Entwurf einen "besonders unchristlichen Beitrag" zur derzeitigen "Unterschicht"-Debatte. Es sei bezeichnend, wofür eine CDU-Mehrheit den Koalitionsfrieden aufs Spiel setze: Für das Recht von Handelsunternehmen, Verkäuferinnen auch Nachtarbeit zuzumuten, damit eine kleine Minderheit Shopping-Bedürfnisse rund um die Uhr ausleben könne.
Eine grundsätzliche Regelung vor der Adventszeit, wie sie angestrebt wird, hält die Linksfraktion für unwahrscheinlich, "weil es kaum vorstellbar ist, eine grundlegende Änderung beim Ladenschluss ohne parlamentarische Anhörung zu beraten", erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, André Hahn. Nach dieser Expertenanhörung wäre ein Landtagsbeschluss frühestens Mitte Dezember denkbar, aber unwahrscheinlich.
Für eine Übergangslösung schloss Hahn jedoch ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren, etwa ohne 1. Lesung im Parlament, nicht aus. Theoretisch könnte das Gesetz damit sofort in den Landtagsausschüssen beraten und bereits im November vom Parlament beschlossen werden. Dies sei jedoch nur für eine befristete Regelung denkbar, die für dieses Jahr Rechtssicherheit für das Weihnachtsgeschäft schaffe. Öffnungszeiten rund um die Uhr lehne die Fraktion aber ab.
TinoMoritz/Ingolf Pleil