Freie Presse Chemnitz, Seite 4, 24.10.2006
Teure Affäre: Landesbank Sachsen zahlt Millionen an Ex-Geschäftspartner
Leitartikel von Samira Sachse
Selbstbewusst leistete sich Sachsen nach der Wende als einziges OstLand eine eigenständige Landesbank. Als Spitzeninstitut der Sparkassen sollte sie den öffentlichrechtlichen Kreditsektor stärken, überregional Erfolgssignale senden. Lange funktionierte das. 2004 geriet die Bank aber in Verruf. Erst jetzt kann sie wieder genesen.
Da gab es eine Dienstwagenaffäre im Vorstand und Vetternwirtschaft. Dann geriet der Zank mit der Tutzinger Industrie- und Immobilien-Leasing GmbH (IIL) außer Kontrolle. Deren Chef warf der Bank vor, die gemeinsame Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) ruiniert zu haben und wollte 140 Millionen Euro Schadenersatz.
Immer neue Unanständigkeiten kamen ans Licht. Eine Dokumentenfälschung wurde ruchbar, Intrigen gesponnen. 2005 traten vier Topmanager zurück oder wurden suspendiert. Seit Mai 2005 bemüht sich ein Untersuchungsausschuss im Landtag, eine Schneise ins MDL-Dickicht zu schlagen und politische Verantwortlichkeiten aufzudecken. Bisher mit meist mäßigem Erfolg. Parallel türmten sich bei Justitia die Papierberge. Über 2 0 Verfahren allein zur MDL sind aktenkundig geworden.
Zumindest diese Klagen sind seit gestern vom Tisch. Die Bank, die nach dem Urteil der ersten Instanz frohlockte, dass sie keinen Cent zahlen muss, berappt fast 15 Millionen Euro für den Erwerb der IIL-Anteile an der MDL. Eine Summe, die weniger den Firmenwert widerspiegelt. Vielmehr dürften die Millionenkosten, die der Streit den Beteiligten bescherte und noch beschert hätte, entscheidend gewesen sein.
Auch die Aussage vom SPD-Chefaufklärer im Landtag,
Karl Nolle, der die Zahlung als „Schuldeingeständnis" sieht, ist nicht von der Hand zu weisen. Doch wessen Schuld? Fraglich, ob der Untersuchungsausschuss noch belastbare Antworten finden kann. Fest steht nur: Eine funktionierende Bankaufsicht hätte die AffärenMisere verhindern können.
Der verursachte Schaden ist erheblich
Der verursachte Schaden ist groß. Zu Vergleichs- und Prozesskosten kommen zig Millionen, die in der MDL versenkt wurden und die Summen, die zwei Ex-Vorstände bis 2007 beziehen. Ganz zu schweigen davon, dass noch Schadenersatzklagen anhängig sind.
Schwer wiegt auch das beschädigte Bankimage. Während sich andere Institute um gute Noten bei den Rating-Agenturen mühten und damit die Basis für eine günstige Geldbeschaffung auf dem Kapitalmarkt schufen, war die Sachsen LB mit Krisenbewältigung befasst.
Die Zeche zahlen die Kommunen und das Land als Bankeigner, also der Steuerzahler. Vom guten Ausgang der Affäre kann nicht die Rede sein. Passend ist es eher, den späten Vergleich als vernünftige Lösung zu bezeichnen. Die Sachsen LB kann sich nun wieder unbehindert ihrem Geschäft zuwenden.