Süddeutsche Zeitung, 25.10.2006
Sachsen LB kostet den Freistaat Millionen
Landesbank schließt teuren Vergleich / Ministerpräsident Milbradt in der Kritik
Dresden - Für ein geschäftliches Abenteuer seiner Sachsen LB muss der Freistaat etwa 15 Millionen Euro bezahlen. Über diese Summe wurde jetzt vor dem Leipziger Oberlandesgericht ein Vergleich geschlossen, mit dem ein komplizierter Rechtsstreit zwischen der sächsischen Landesbank und dem bayerischen Unternehmer Ludwig Hausbacher beigelegt wurde. Insgesamt waren mehr als 20 Gerichtsverfahren anhängig, Hausbacher hatte von der Sachsen LB 140 Millionen Euro Schadensersatz verlangt. Der Streit belastete zuletzt auch die politische Führungsspitze des Landes, bis hin zum sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU). Vertreter der CDU zeigten sich erleichtert über den Vergleich, Sprecher von SPD und der Linkspartei PDS wiesen hingegen darauf hin, dass die politischen Verantwortlichkeiten des Falls noch keineswegs geklärt seien.
Bei den Streitigkeiten geht es um eine Tochtergesellschaft, die Hausbacher im Juli 2000 zusammen mit der Landesbank gegründet hatte: Die Mitteldeutsche Leasing (MDL). Die Sachsen LB hielt 51 Prozent an der Firma, Hausbachers Gesellschaft Industrie- und Immobilien-Leasing GmbH beteiligte sich mit 49 Prozent. Mit dem Tochterunternehmen wollte sich die Sachsen-Bank einen Zugang zum lukrativen Leasinggeschäft sichern, Hausbacher galt als Experte in diesem Metier - deshalb taten sich beide Seiten zusammen. Doch schon bald nach der Firmengründung gab es internen Streit, Hausbacher warf der Landesbank vor, sie wolle die Tochtergesellschaft bewusst ruinieren.
Filz und Fälschung
Mit der Zeit kamen allerlei Skandale und Verfehlungen rund um die Vorstände der Sachsen LB ans Licht, es ging um Vetternwirtschaft und Urkundenfälschung. So hatte der Vorstandschef der Landesbank, Michael Weiß, seine Gefährtin Andrea Braun zwischenzeitlich zur Chefin der MDL gemacht. Heute gilt die Firma als wertlos, seit Jahren werden nur noch Altgeschäfte abgewickelt. Allerdings verursachen diese immer weiter Kosten. Schon vor einem Jahr war von 20 Millionen Euro die Rede, hinzu kommt jetzt die Vergleichssumme von 14,9 Millionen Euro.
Der SPD-Abgeordnete
Karl Nolle schätzt den Schaden hingegen auf 100 Millionen Euro: "Die Mätressenwirtschaft von Frau Braun und Herrn Weiß" werde den Freistaat am Ende mehr gekostet haben, behauptet Nolle, als seinerzeit die Gräfin Kosel ihren Gönner, August den Starken, der für seine Geliebte ganze Schlösser bauen ließ.
Brisanter noch sind die politischen Verwicklungen. Zur Zeit der MDL-Gründung war Milbradt noch sächsischer Finanzminister, weshalb er nach Meinung von Kurt Biedenkopf (CDU) Mitverantwortung für die Turbulenzen in der Landesbank trägt. Entsprechendes hatte der einstige sächsische Ministerpräsident seinem Nachfolger auch schon in einem Brief mitgeteilt. Zugleich wird Milbradt vorgeworfen, dass er im Zusammenhang mit der Sachsen LB vor einiger Zeit in einer Regierungserklärung vor dem sächsischen Landtag die Unwahrheit gesagt habe. Ob dies zutrifft, wird gerade in einem Untersuchungsausschuss des Landtages geklärt - Biedenkopf ist als Zeuge geladen.
Von Christiane Kohl