Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 24.10.2006

Fragen bleiben Jahrelanger Streit um Sachsen LB-Tochter endet mit Vergleich

Landesbank zahlt an bayerische Firma 15 Millionen Euro
 
Der Millionen-Streit zwischen der Landesbank Sachsen LB und der Industrie- und Immobilien-Leasing GmbH (IIL/Tutzing) ist in letzer Minute mit einem Vergleich beigelegt worden. Danach erwirbt die Sachsen LB sämtliche IIL-Aktien an der gemeinsamen Unternehmenstochter Mitteldeutschen Leasing AG (MDL). Der Kaufpreis liegt bei 14,9 Millionen Euro.

„Die Mätressenwirtschaft um Ex-MDL-Chefin Andrea Braun hat den Freistaat mehr gekostet als Gräfin Cosel August den Starken.“
Karl Nolle (SPD), Ausschuss-Obmann und Landtagsabgeordneter

Es gibt keinen Schuldigen, es gibt keinen Sieger und keinen Verlierer – so lautet das juristische und wirtschaftliche Ergebnis des Vergleichs, der nach dem Streit um die Landesbank geschlossen wurde. Dabei ist es auffällig, dass sich die mittelständische IIL trotz ursprünglich kleiner Einlage mit einer satten Millionen-Summe von der gemeinsamen Leasing-Tochter MDL verabschieden kann. Nicht zuletzt ein dutzend Prozesse haben den Streitwert in die Höhe getrieben. Doch das Land sieht dabei nicht allzu gut aus.

Die Landesbank-Affäre erlaubt ganz nebenbei auch einen Blick hinter die Kulissen des Bankgeschäftes. Und es ist erschreckend, mit welchen Bandagen da zuweilen gekämpft wird – selbst bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten.
Die politische Verantwortung für das ganze Dilemma, das die Landesbank arg in Mitleidenschaft gezogen hat, trägt tatsächlich nicht zuletzt die Riege der sächsischen CDU-Finanzminister von Georg Milbradt bis Horst Metz – auch wenn es in der schlagzeilenträchtigen Affäre im Kern immer um den Streitwert der MDL ging. Der Untersuchungsausschuss des Landtages ist daher der richtige Ort, die Sachsen LB-Geschichte weiter zu durchleuchten. Neue Überraschungen sind dort in Zukunft auch nach dem gerichtlichen Vergleich nicht ausgeschlossen.Sie haben sich bekämpft bis aufs Messer nach allen Regeln der Kunst, ihr Streit führte bis zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und zum Schlagabtausch auf höchster politischer Ebene. Gestern jedoch schlossen sie vor dem Oberlandesgericht Dresden einen einvernehmlichen Friedensvertrag: Die Sachsen LB und die IIL einigten sich nach zweieinhalb Jahren Rosenkrieg über ihr gemeinsames Kind und wendeten damit 27 weitere Gerichtsverfahren ab. Am Ende reichte es sogar für eine gemeinsame Pressemitteilung, in der alle Streitigkeiten für bereinigt erklärt wurden.

Die SachsenLB zahlt mit dem Vergleich an die IIL des bayerischen Unternehmers Ludwig M. Hausbacher 14,9 Millionen Eu ro. Damit sind die 140-Millio nen Schadensersatz-Klage Hausbachers und auch alle anderen Gerichtsverfahren vom Tisch. Als Grundlage der Einigung erkennen alle Seiten ein Gutachten des Rechungshofs an, der allerdings den Gesamtwert des Streitobjektes MDL auf 5,4 Millionen taxiert. Der Rest sind Kosten für Prozessrisiken, Anwälte und Gerichte.

Kurios ist die 15-Millionen-Einigung aber noch aus einem anderen Grund: Die MDL hat ihr Neugeschäft längst eingestellt und die Sachsen LB den Wert der Tochter auf Null gesetzt. Der jüngste Geschäftsbericht bestätigte, dass das Unternehmen allein um den alten Vertragsbestand zu betreuen weiter auf Unterstützung der Eigentümer angewiesen ist – jetzt also nur noch das Land. Hausbacher dagegen war zur Gründung im Juli 2000 nur mit 245 000 Euro bei der MDL eingestiegen, er warf der Landesbank später vor, die MDL absichtlich zu ruinieren.

In ersten Reaktionen zeigten sich dennoch alle Beteiligten zufrieden. Finanzminister und SLB-Verwaltungsratschef Horst Metz (CDU) erklärte, die Sachsen LB könne „endlich unbelastet von Streitigkeiten die Zukunft gestalten”, die Position am Markt ausbauen und die Ratings verbessern. Der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, Günther Schneider, betonte, durch den Kauf der Geschäftsanteile werde gerade kein Schadenersatz geleistet.

Doch zu Ende ist der Politthriller um Kabale und Liebe noch lange nicht. Im Gegenteil. Nach den Skandalen um Vetternwirtschaft und Dienstwagen mit Anhängerkupplung, um dubiose Verhandlungen auf einer Kubanische-Nacht-Party und bösen Briefen zwischen Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Regierungschef Georg Milbradt (beide CDU) wird der Untersuchungsausschuss des Landtages seine Arbeit fortsetzen.

SPD-Ausschuss-Obmann Karl Nolle warf der Regierung bereits vor, dass der Ausflug der Landesbank ins Leasinggeschäft den Steuerzahler 100 Millionen Euro gekostet habe, weil auf Warnungen nicht rechtzeitig reagiert worden sei. „Die Mätressenwirtschaft um Ex-MDL-Chefin Andrea Braun”, so Nolle, „hat den Freistaat mehr gekostet als Gräfin Cosel August den Starken.“ Der Untersuchungsausschuss sei noch lange nicht erledigt.

Welche verschwiegenen Schäden in anderen Tochtergesellschaften noch auf den Freistaat zukommen und wer dafür politische Haftung zu übernehmen habe, werde der Untersuchungsausschuss noch ermitteln, sagte Linkspartei-Obmann Klaus Tischendorf. 15 Millionen Euro seien der Preis für das Versagen von Bank-Management und politischer Aufsicht. Klar ist bereits, dass Metz, Biedenkopf, einige Banken-Vorstände und wohl auch Milbradt noch vor dem Ausschuss erscheinen müssen.
Von Sven Heitkamp

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