DNN/LVZ, 02.11.2006
Frühere MDL-Chefin Braun soll auf die Anklagebank
Vorwurf: Beihilfe zur uneidlichen Falschaussage
Dresden (DNN). Jahrelang hatten sie sich bekämpft, vergangene Woche aber das Kriegsbeil begraben: Die Sächsische Landesbank (Sachsen LB) und die Industrieund Immobilien-Leasing GmbH des Tutzinger Kaufmanns Ludwig Hausbacher. 14,9 Millionen Euro lässt es sich die Sachsen LB kosten, damit Hausbacher endlich Ruhe gibt und gut 30 Zivil- und Strafverfahren beendet werden (DNN berichteten). Ein Strafverfahren lässt sich jedoch nicht mehr stoppen: Die 4. Große Strafkammer des Landgerichts Dresden will demnächst das Verfahren gegen Christian Spieker und Andrea Braun eröffnen.
Uneidliche Falschaussage bzw. Beihilfe zur uneidlichen Falschaussage werden dem früheren Leiter des Landesbank-Vorstandsstabes und der ehemaligen Chefin der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL), Tochter von Sachsen LB und IIL, vorgeworfen. Die Kammer hat die Verfahren gegen die früheren leitenden Bank-Mitarbeiter verbunden und gegenwärtig ein Problem: Braun lebt jetzt mit ihrem Lebensgefährten, dem früheren Landesbank-Vorstand Michael Weiss, auf der sonnigen Mittelmeer-Insel Zypern. Eine ladungsfähige Anschrift liegt dem Gericht nach DNN-Informationen nicht vor, deshalb könnte sich der für Mitte November geplante Prozessauftakt verzögern.
Normaler Weise werden Aussagedelikte, noch dazu uneidliche mit einer Straferwartung von drei Monaten bis fünf Jahren Haft, vor Amtsgerichten verhandelt. Wegen der besonderen Bedeutung des Verfahrens hat der ermittelnde Staatsanwalt Claus Wesch Anklage beim Landgericht erhoben. Er dürfte damit nicht falsch liegen - immerhin haben die in der Anklage geschilderten Vorwürfe letztlich zum Sturz der Landesbank-Vorstände Weiss und Rainer Fuchs im Februar 2005 geführt.
Es war kurz vor Weihnachten 2004, als IIL und Sachsen LB wieder einmal die Klingen vor dem Oberlandesgericht Dresden kreuzten. Es ging um eine für das Verfahren entscheidende Mitteilung nach Aktienrecht, die Sachsen LB schickte Spieker in den Zeugenstand. Die eindringliche Mahnung des Vorsitzenden Richters Ulrich Hagenloch, den Zeugen wegen des zu befürchtenden Image-Schadens doch lieber nicht zu präsentieren, konterte Vorstand Fuchs seinerzeit mit dem Ausspruch: „Schlimmer kann es nicht mehr kommen."
Es kam noch schlimmer: Spieker behauptete - seinen Chef im Nacken - die Sachsen LB habe die Mitteilung fristgemäß im April 2003 abgegeben. Der Senat unter Vorsitz von Hagenloch fand die Aussage wenig plausibel, wenig später stellte sich nach einer Durchsuchung in den Geschäftsräumen der Sachsen LB heraus: Das Datum der Mitteilung war gefälscht, der Zeuge hatte gelogen. Die Landesbank-Vorstände waren nicht mehr zu halten und baten Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) um ihre Demissionierung, wie er behauptete. Oder wurden gefeuert, wie Fuchs jetzt im Landesbank-Untersuchungsausschuss des Landtags erklärte. Der Ausschuss sollte auch ein reges Interesse am Prozess gegen Spieker und Braun haben - Einblicke ins Innenleben von Sachsen LB und MDL dürften garantiert sein.
Thomas Hartwig