Agenturen dpa, 17:42 Uhr, 14.11.2006
Sachsens NPD-Landtagsfraktion schließt Abgeordneten aus - «Zerfall»
Dresden (dpa/sn) - Sachsens NPD-Landtagsfraktion zerfällt weiter weiter: Am Dienstag schloss die Fraktion ihren Abgeordneten Klaus- Jürgen Menzel wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten im Privaten aus. Nach dem Austritt von drei Abgeordneten Ende 2005 sitzen nunmehr nur noch acht von ursprünglich zwölf Parlamentarierer für die rechtsextreme Partei im Landtag. Das heftig kritisierte, öffentliche Bekenntnis von Menzel zu Adolf Hitler spielte nach Angaben der Fraktion bei dem Ausschluss keine Rolle. Menzel (66) selbst war zunächst für eine Stellungnahme zu seiner politischen Zukunft nicht zu erreichen.
Menzel hatte am vergangenen Wochenende in der Nachrichtensendung «MDR aktuell» erklärt, er stehe nach wie vor zum «Führer». Deshalb hatten die Landtagsabgeordneten
Karl Nolle (SPD) und Christian Piwarz (CDU) gegen ihn Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstattet. Gegen Menzel laufen bereits Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitlung. Er soll einem rechtsextremen Schläger in einem Prozess ein falsches Alibi verschafft haben. Der sächsische Landtag hatte Menzels Immunität im Oktober aufgehoben.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der NPD-Fraktion, Johannes Müller, war bereits am Mittag in einer Pressekonferenz auf Distanz zu Menzel gegangen und hatte diesen als «alten Mann» bezeichnet. Menzel vertrete nicht die Meinung von Fraktion und Partei, erklärte der Geschäftsführer, ging aber nicht auf die Hitler-Äußerung ein. Die Fraktion begründete am Nachmittag den Rauswurf Menzels mit «sauberen Verhältnissen in den eigenen Reihen». Menzel habe eine Gläubigerin über Monate hingehalten. Die Fraktion werde den Parteivorstand auffordern, Menzel aus der NPD auszuschließen.
«Die NPD zerlegt sich weiter», sagte Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer. «Herr Menzel ist nur die hässliche Spitze eines Eisberges von antidemokratischen und fremdenfeindlichen Tendenzen innerhalb der NPD.» Die Begründung des Ausschlusses sorgte auch bei den anderen Landtagsparteien für Unmut. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, André Hahn, kritisierte, die NPD- Abgeordneten hätten sich damit nicht von der Hitler-Äußerung Menzels distanziert. «Die Fraktion stellt sich damit an die Seite von Menzel und zeigt ihr wahres Gesicht.»
Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss steckt die NPD in einem Dilemma: «Sie will einerseits seriös sein, muss aber auf der anderen Seite das Nazi-Klientel bedienen.» Menzel passe nicht in die NPD-Strategie, die Neonazi-Szene lediglich über Anspielungen zu bedienen, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Johannes Lichdi. «So kann die NPD nicht in konservativen Kreisen um Zustimmung werben.»
Der Ausschluss Menzels hat für die Fraktion finanzielle Folgen. Nach Angaben von Landtagssprecher Ivo Klatte verringern sich die monatlichen Zuwendungen um 2380 Euro. Die drei Abgeordneten, die Ende 2005 die Fraktion von sich aus verlassen hatten, begründeten damals ihren Schritt auch mit Unzufriedenheit über den Kurs der Partei- und Fraktionsführung, die von aus dem Westen zugereisten Funktionären dominiert werde. Die drei sitzen seither als Fraktionslose im Landtag.
Die NPD war im Herbst 2004 erstmals nach 36 Jahren wieder in ein Länderparlament gewählt worden. Sie hatte damals 9,2 Prozent der Stimmen erhalten und war mit zwölf Abgeordneten in das sächsische Parlament eingezogen. In Mecklenburg-Vorpommern kam sie in diesem Herbst auf 7,3 Prozent der Stimmen und sitzt im Schweriner Landtag nun mit sechs Abgeordneten.
Der gelernte Landwirt Menzel stammt aus der Niederlausitz und arbeitete lange Jahre in Niedersachsen. Er gehörte mehreren Parteien an, in der NPD engagierte er sich zunächst von 1967 bis 1973. 2002 trat er erneut in die rechtsextreme Partei ein. In Sachsen war er stellvertretender NPD-Vorsitzender.
dpa st yysn bh
141742 Nov 06