DNN/LVZ, 15.11.2006
Aderlass der NPD geht weiter
Dresden. Der Mann sitzt meist still in der vorletzten Reihe, blass und ohne politisches Profil: Der NPD-Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel gilt als typischer Hinterbänkler der rechtsextremen Partei im sächsischen Landtag. Jetzt aber sorgt er für Furore. Nach einem heftigen Streit schmissen ihn seine Parteifreunde gestern Nachmittag aus der Fraktion - angeblich wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten.
Im Kern aber dürfte es bei dem NPD-internen Zwist um ein anderes Thema gegangen sein. Immer wieder hatte sich Menzel mehr oder weniger offen zur Nazi-Zeit und Adolf Hitler bekannt. Erst am vergangenen Wochenende hatte der 66-Jährige in einer Nachrichtensendung erklärt, er stehe zum "Führer". Die Landtagsabgeordneten Christian Piwarz (CDU) und
Karl Nolle(SPD) hatten daraufhin Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Darüber hinaus ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitelung. Der Landtag in Dresden hat die Immunität des Abgeordneten bereits aufgehoben.
Dahinter gärt seit langem eine harte politische Kontroverse innerhalb der NPD. Während Fraktionschef Holger Apfel direkte Bezüge zur NS-Zeit meidet und auch schon mal gegen Kritiker vorgeht, die ihn als Nationalsozialisten betiteln, hat Klaus-Jürgen Menzel damit keine Probleme. Auch deshalb gilt er gerade in der radikalen rechtsextremen Kameradschaftsszene als Aushängeschild - gegen die NPD als Partei. Diese Kluft dürfte sich jetzt vertiefen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der NPD-Fraktion, Johannes Müller, war bereits gestern Mittag auf Distanz zu Menzel gegangen und hatte diesen als "alten Mann" bezeichnet.
Mit dem Ausschluss geht der Aderlass der Rechtsextremen weiter. Die NPD-Fraktion, die im Herbst 2004 mit zwölf Abgeordneten eingezogen war, hatte bereits Ende vorigen Jahres drei Aussteiger verloren. Damals hatten Mirko Schmidt, Klaus Baier sowie Jürgen Schön ihre Austritte mit heftigen Attacken gegen die Fraktionsspitze gewürzt. Erst vor wenigen Monaten war der charismatische Fraktionsvize Uwe Leichsenring bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer begrüßte gestern den internen Zwist ganz rechts außen. "Die NPD zerlegt sich weiter, das ist die gute Nachricht." Johannes Lichdi von den Grünen hält die Begründung der NPD-Fraktion für vorgeschoben. "Die NPD-Fraktion versucht Ballast abzuwerfen", sagte er gestern, "Menzel wird ausgeschlossen, weil er von der Fraktion nicht zu steuern ist." Um es sich mit den militanten Neonazis nicht zu verscherzen, nutze die Spitze eine fadenscheinige Begründung für den Ausschluss.
Menzel hatte im Vorfeld immer wieder für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, auch außerhalb des Landtags. Einmal war der Parlamentarier in eine Schlägerei in der Dresdner Neustadt verwickelt, bei der es insgesamt vier Verletzte gab, dann ging es um Unregelmäßigkeiten mit Parteibeiträgen. Darüber hinaus gab es Vorwürfe gegen den 66-Jährigen wegen erschlichener Stilllegungsprämien in Niedersachsen. Menzel ist rechtskräftig verurteilt, bekam zwei Jahre auf Bewährung wegen Untreue. Er hatte für tausende Euro Jagdreisen an Kunden ohne Genehmigung vermittelt.
Jürgen Kochinke