DNN/LVZ, 17.11.2006
Provokationen in Serie
NPD-Mitglied Menzel tritt im Parlament mit Patronen auf / Verweis aus dem Landtag
Dresden. Der ehemalige NPD-Abgeordnete Klaus-Jürgen Menzel hat gestern für Eklats in Serie gesorgt. Bei einer Debatte im sächsischen Landtag zu den Pannen im Fall Stephanie hatte der 66 Jährige zwei Patronenhülsen in seiner Jackentasche mit ans Rednerpult gebracht - und wollte sie hochhalten. Das Mitbringen von Waffen und Zubehör ist laut Hausordnung verboten. Auf Intervention von Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) beschränkte sich Menzel dann aber auf verbale Attacken.
Gegenüber dieser Zeitung bekannte sich Menzel aber anschließend zu dem Vorhaben. „Ich bin Jäger", sagte er, „und wollte zeigen: Ich hätte da eine Therapie für den Halbverrückten". Damit meinte Menzel nach eigener Aussage den Stephanie-Peiniger Mario M., der vor rund einer Woche die Justiz mit seinem Gang auf dem Dach der Vollzugsanstalt Dresden stundenlang vorgeführt hatte.
SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss kritisierte Menzel anschließend scharf „Das ist die typische Nazi-Therapie: Rübe ab!"
Das Zeigen von Patronen sei ein „Mafia-Symbol", eine „Morddrohung". Das sei nicht hinnehmbar und müsse Folgen haben. Der Redebeitrag des Rechtsextremisten war der erste offizielle Auftritt überhaupt seit seinem Einzug in den Landtag vor rund zwei Jahren. Erst am Dienstag war Menzel wegen angeblicher finanzieller Ungereimtheiten aus der NPD-Fraktion ausgeschlossen worden. Er ist allerdings weiter Mitglied der rechtsextremen Partei.
Mit dem Patronen-Eklat war die stürmische Debatte noch nicht beendet. Noch am Vormittag bekannte sich Menzel erneut indirekt zu Adolf Hitler. An die Adresse des aus Österreich stammenden Chefs der Linksfraktion, Peter Porsch, sagte der NPD Mann: „Es gibt viele Österreicher, solche und solche. Aber wenn ich Sie so sehe, dann wird mir der andere immer sympathischer". Auch Hitler stammt aus Österreich. In einer Stellungnahme bestritt Menzel anschließend, damit den Nazi Führer gemeint zu haben. Gleichzeitig bezog er sich erneut positiv auf Hitler als „den letzten deutschen Reichskanzler". Landtags-Vizepräsidentin Regina Schulz (Linksfraktion) schloss Menzel daraufhin von der Sitzung aus.
Für die Linksfraktion war das nicht genug. Sie forderte den Rücktritt von Iltgen, da der Präsident nicht unverzüglich gegen den NPD-Mann vorgegangen sei. „Der Landtagspräsident hat beim Umgang mit den Nazis erneut eklatant versagt", sagten der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Andre Hahn, sowie Landesvorsitzende Cornelia Ernst. Auch die Grünen kritisierten Iltgen, wiesen aber die Rücktrittsforderung zurück.
Gleichzeitig zeigten sich gestern tiefe Risse am rechtsextremen Rand im Landtag. Nach den bereits vor knapp einen Jahr ausgetretenen Ex-NPD-Abgeordneten Mirko Schmidt, Klaus Baier und Jürgen Schön griff nun auch Menzel NPD-Fraktionschef Holger Apfel frontal an. „Apfel hat die Fraktion ruiniert", sagte Menzel dieser Zeitung. Die finanziellen Ungereimtheiten als Grund für seinen Ausschluss seien „nur vorgeschoben". Über den Umgang mit Schmidt, Baier und Schön sagte Menzel: „Nicht die drei sind die Verräter, Apfel wollte sie raus haben."
Hinter dem aus Niedersachsen stammenden Fraktionschef ständen vor allem die beiden Westimporte Alexander Delle und Jürgen Gansel, so Menzel. „Die restlichen Sachsen in der Fraktion passen sich nur noch an." Weitere Details wollte Menzel nicht nennen. „Ich habe Udo Voigt versprochen, nichts zu sagen", meinte er. Voigt ist NPD-Bundeschef in Berlin.
Die ausgetretenen Ex-NPD-Abgeordneten Schmidt und Schön bestätigten die Version von Menzel. „Apfel will alle Kritiker 'raushauen", sagte Schön gestern dieser Zeitung. Im Gegensatz zu Apfel habe Menzel beste Kontakte zu den NPD-kritischen Kameradschaften. Mit dem Rückenwind aus der Szene sei Menzel „offenbar zu stark" geworden, vor allem nach dem Tod des NPD-Abgeordneten Uwe Leichsenring. „Er war eine Gefahr für Apfel", meinte Schmidt. Deshalb habe er gehen müssen.
Von Jürgen Kochinke