DNN/LVZ, 07.12.2006
Neue Kritik an CDU-Mann Nitzsche
Dresden. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche sorgt weiter für Aufsehen in Sachsen. Gestern wurde bekannt, dass der Lausitzer in einer Rede zum "Tag der Heimat" am 16. September in Hoyerswerda die so genannten Benes-Dekrete als "Ausrottungspolitik" und als "Politik auf dem Wege zum vollendeten Völkermord" bezeichnet hatte. Der sächsische Juso-Chef Holger Mann kritisierte die Äußerungen von Nitzsche als weiteren Beleg für dessen "rechtslastiges Weltbild". Dieses sei eines "demokratischen Politikers nicht würdig".
Gleichzeitig forderte Mann Sachsens CDU-Spitze dazu auf, Nitzsche aus der Bundestagsfraktion auszuschließen. Sowohl Regierungschef Georg Milbradt (CDU) wie CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer hätten mehrmals öffentlich erklärt, eine weitere Entgleisung von Nitzsche nicht mehr zu akzeptieren. "Dann wird er für die CDU untragbar", hatte Milbradt gesagt. Am 8. Juni hatte Nitzsche während einer CDU-Veranstaltung in Liekse (Kreis Kamenz) den Umgang Deutschlands mit der Vergangenheit als "Schuldkult" bezeichnet. Außerdem sprach er von der früheren rot-grünen Bundesregierung als "Multi-Kulti-Schwuchteln".
In Sachsen wird der Fall zur Belastung für die Koalition. Gestern kritisierte SPD-Chef Thomas Jurk den seiner Ansicht nach zu laschen Umgang der CDU mit dem Thema. "Das ist eine ziemliche Ungeheuerlichkeit", meinte der Wirtschaftsminister, "vor allem, weil Nitzsche ein Wiederholungstäter ist". CDU-"General" Kretschmer konterte: "Herr Jurk sollte sich um seine eigenen Probleme kümmern, um die Autobahnvignette in Tschechien zum Beispiel."
Die Benes-Dekrete bildeten nach dem Zweiten Weltkrieg die Grundlage für die Vertreibung und Enteignung von Deutschen aus dem Sudetenland und gehen auf den früheren tschechoslowakischen Präsidenten Eduard Benes (1884-1948) zurück.
Jürgen Kochinke