DNN/LVZ, 07.12.2006
Stimmungstest für SPD-Chef Jurk
Dresden/Oschatz. Reichlich zwei Jahre ist die SPD an der Landesregierung beteiligt, am Sonnabend nun stellt sich Parteichef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk erstmals einem Stimmungstest der Basis: Im Oschatzer Thomas-Müntzer-Haus will der stellvertretende Ministerpräsident als Parteivorsitzender wiedergewählt werden. Nicht ohne Spannung wird erwartet, wie viel Zustimmung Jurk bei den knapp 4700 Genossen genießt. Dabei liegt die Latte aus früheren Jahren hoch. So hatte Jurk bei seiner ersten Wahl vor zwei Jahren noch knapp 88 Prozent erhalten. Offen ist, ob er diese Quote auch in Oschatz erreicht.
Denn im Vorfeld gab es bereits Querelen. Kein anderer als der Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber hatte einen zweiseitigen Brandbrief an SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss geschrieben. Darin forderte er diesen auf, den Chefposten in der Fraktion abzugeben, und jeder wusste insgeheim: Die Attacke gilt vor allem Jurk. Der reagierte gestern eindeutig. Das Vorgehen von Weißgerber sei "nicht der Stil, der in einer demokratischen Partei üblich ist", lautete die Devise, der Brief kommentiere "sich von selbst". Gleichzeitig stellte sich Jurk hinter Weiss. Er habe "hohe Achtung vor der Biografie" des 73-Jährigen, Weiss führe die Fraktion gut.
In Oschatz will sich die SPD-Führungsriege auch ein neues Gesicht geben: Als Vize hinter Jurk kandidiert die Leipziger Landrätin Petra Köpping, die für Barbara Wittig nachrücken soll (diese Zeitung berichtete).
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange dagegen hatte sich noch nicht für ein hohes Parteiamt erweichen lassen. Als zweiter Vize tritt abermals der Berliner Staatssekretär Rolf Schwanitz an.
Nach sieben Jahren Pause soll ein Generalsekretär wieder eingeführt werden. Für den Posten ist der bisherige Vorstandssprecher und Bundestagsabgeordnete Andreas Weigel vorgesehen. Gegenkandidaten gibt es bei den Spitzenpositionen nicht - anders als bei den 17 Beisitzerposten, für die 22 Kandidaten aufgestellt sind, darunter allein fünf Jusos. Die SPD-Jugendorganisation drängt mittlerweile massiv in den Vorstand.
Inhaltlich wollen die Genossen über den Leitantrag "Soziale Gerechtigkeit durch Lebenschancen - sachsengerecht" und 50 weitere Anträge debattieren. Für Furore könnte dabei der Abgeordnete
Karl Nolle mit einem Vorstoß zum längeren Bezug des Arbeitslosengeldes I sorgen. Weitere Themen betreffen die Frauenquote in Parteigremien, den Mindestlohn sowie die Urwahl des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2009. SPD-Bundesprominenz wird die Debatte durchaus verfolgen: Als Gast kommt auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee.
Jürgen Kochinke/Sven Heitkamp