Agenturen, ddp-lsc, 13:51 Uhr, 15.12.2006
Abgang rechts außen - Umstrittener CDU-Bundestagsabgeordneter Nitzsche verlässt die Partei
Sachsens Union erleichtert
Dresden (ddp-lsc). Der wegen rechtslastiger Äußerungen in die Kritik geratene sächsischen CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche ist aus der Partei ausgetreten. Er begründete seinen Schritt mit Unzufriedenheit über die CDU und warf der Parteispitze zugleich Doppelmoral vor. Sachsens Union begrüßte den Schritt. Generalsekretär Michael Kretschmer sagte am Freitag: «Ich bin froh, dass die Sache endgültig erledigt ist.» Die Debatte um Nitzsche sei in den vergangenen Wochen für die Union sehr belastend gewesen. Der Austritt sei eine Folge von Nitzsches mangelnder Einsicht.
Nitzsche sagte, er sei von CDU-Landeschef und Ministerpräsident Georg Milbradt menschlich enttäuscht, weil dieser öffentlich dazu aufgerufen habe, ihn «von unten fertigzumachen». Zugleich wiederholte Nitzsche eine seiner umstrittenen Formulierungen. Er würde erneut »den Trend benennen, dass Multi-Kulti-Schwuchteln unser Vaterland heruntergewirtschaftet haben», sagte er.
Nitzsche erhob auch gegen Kretschmer Vorwürfe. Dieser habe im Vorfeld der öffentlichen Kritik mehrfach erklärt, dass er seine Äußerungen nicht für bedenklich halte und sich erst später von ihnen öffentlich distanziert. Die CDU versuche auf diese Weise, sich nach außen politisch korrekt zu verhalten und intern, die Leute bei der Stange zu halten.
Kretschmer wies diese Darstellung zurück. Er habe Nitzsche klar gesagt, dass seine Äußerungen nicht akzeptabel seien. Statt Einsicht zu zeigen, habe Nitzsche die Konsequenz gezogen, aus der CDU auszutreten. Dieser Schritt zeige, dass er sich der vorgebrachten Kritik verschließe.
Ende November war bekannt geworden, dass Nitzsche bereits im Juni auf einer CDU-Veranstaltung zum Thema Patriotismus vor einem «Schuldkult» gewarnt und die frühere rot-grüne Bundesregierung als «Multi-Kulti-Schwuchteln» bezeichnet hatte. Vor einer Woche war er als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Hoyerswerda-Kamenz zurückgetreten. Bereits in der Vergangenheit hatte er mit rechtslastigen Äußerungen bundesweit Kritik hervorgerufen.
Der ehemalige sächsische CDU-Innenminister, Heinz Eggert, sagte am Freitag: «Wir müssen aufpassen, dass wir mit unserer Sprache noch originär als CDU zu erkennen sind.» Es dürfe nicht hingenommen werden, «dass die Sprachgestalt der Neonazis auch in die CDU einwandert». Der SPD-Abgeordnete
Karl Nolle sagte, die CDU könne in ihren Reihen keine Sympathisanten des Neonazismus dulden. Nitzsche sei sicher nicht der einzige, sondern der prononcierteste. Auch Linkspartei.PDS, Grüne und FDP kritisierten am Freitag im Landtag den bisherigen Umgang der CDU mit Nitzsche.
Nitzsche betonte derweil, er wolle sein Bundestagsmandat behalten. Sachsens Landesgruppenschef im Bundestag, Michael Luther, sagte, er rechne damit, dass Nitzsche auch aus der Fraktion austrete. Ein formales Ausschlussverfahren werde es wohl nicht geben.
(Weitere Quellen: Nitzsche in der Dresdner «Sächsischen Zeitung» (Freitagausgabe); Nolle, Eggert und Luther auf ddp-Anfrage)
Von Alessandro Peduto
ddp/ape/hoe
151351 Dez 06