Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 12.01.2007

Die Jäger werden zu Gejagten

Landtag. Staatsanwälte starten eine bisher einmalige Aktion gegen Abgeordnete.
 
Überraschende Post vom Landeskriminalamt (LKA) ist am Dienstag 20 Landtagsabgeordneten auf den Tisch geflattert. Brisanter Inhalt: Sämtliche Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur Landesbank sollen in einer bisher einmaligen juristischen Mammut-Aktion als Zeugen vernommen werden. Zudem wurden nach SZ-Informationen mindestens 13 Mitarbeiter der Ausschuss-Mitglieder, darunter auch der Pressesprecher der PDS-Fraktion, sowie ein Journalist zur Aussage gebeten.

Denn wieder einmal sucht die Staatsanwaltschaft Dresden eine undichte Stelle. Hintergrund ist laut LKA-Schreiben ein inzwischen eingestelltes Verfahren wegen des Verdachts auf Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss gegen den Dresdner Notar Georg Schildge, einen Vertrauten von Finanzminister Horst Metz (CDU).

Im Zuge der Ermittlungen waren im Mai 2006 Büroräume von Schildge durchsucht worden. Termine und Details dazu sickerten an die Presse durch. Bereits im November leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein – gegen unbekannt wegen des Verdachts auf Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht, die für Mitglieder des Untersuchungsausschusses gilt.

SPD-Obmann Karl Nolle kritisierte scharf den „ungeheuren Einschüchterungsversuch“ vonseiten der Justiz. „Das Vorgehen verstößt gegen meine verfassungsgemäßen Rechte als Abgeordneter“, zürnt Nolle – und hat bereits seinen Anwalt eingeschaltet. Oberstaatsanwalt Jürgen Schär verteidigte die Aktion. „Wir sind dem Gesetz nach zum Handeln verpflichtet“, so Schär. „Aber wir haben mit der Befragung bewusst eine verhältnismäßig sanfte Methode gewählt.“

Landtagspräsident empört

Empörung hat das Vorgehen auch bei der Landtagsspitze ausgelöst. Dort war niemand zuvor informiert worden. „Der Präsident erwartet, dass sich die Justizbehörden an die üblichen Umgangsformen halten“, sagte sein Sprecher Ivo Klatte. Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, die eigentlich ebenfalls unter Generalverdacht stehen müssten, seien nicht als Zeuge geladen worden. Ob die Massen-Befragung, wie nett vom LKA vorgeschlagen, in Landtagsräumen parallel zur Plenarsitzung Ende Januar stattfinde, sei offen. Die Staatsanwaltschaft konterte pikiert: Man könne die Abgeordneten ja auch ins LKA einladen.

Insider vermuten, dass die Justizbehörden mit der Aktion auch eine eigene Panne kaschieren wollen: Die Staatsanwaltschaft selbst hatte 2006 dem Untersuchungsausschuss Unterlagen übergeben. Darin auch enthalten: die geplante Durchsuchung bei Schildge.
Von Annette Binninger

Karl Nolle im Webseitentest
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