Agenturen, ddp-lsc, 16:20 Uhr, 22.01.2007
Biedenkopf vermeidet im Untersuchungsausschuss direkte Angriffe auf Nachfolger Milbradt
Politische Verantwortung ohne Verschulden»
Dresden (ddp-lsc). Wie jemand, der eifrig am Stuhl seines Nachfolgers sägt, weil der ihn angeblich aus dem Amt gemobbt hat, verhielt sich der 76-jährige Zeuge nicht. Im Gegenteil: Fast schien es, als sei Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf am Montag im Sachsen-LB-Untersuchungsausschuss des Landtags darauf bedacht, auch nur den Hauch des Eindrucks zu vermeiden, er könnte noch etwas gegen Georg Milbradt (beide CDU) haben. Zugleich verschwieg er freilich nicht, dass die Probleme der Landesbank erst nach seiner Amtszeit aufgetreten seien - und dass er sie anders gehandhabt hätte als sein politischer Erbe.
Biedenkopf bedauerte zunächst das Bekanntwerden eines vertraulichen Briefes an Milbradt. Dieser hatte Mitte Mai 2005 für großes Aufsehen in Sachsen gesorgt, weil Biedenkopf darin seinem Nachfolger die politische Verantwortung für die Krise um die Sachsen LB zugewiesen hatte. Wenn er gewusst hätte, dass das Schreiben vom 4. März 2005 öffentlich werden würde, hätte er andere Formulierungen gewählt.
Es sei «ohne mein Wissen in die Öffentlichkeit gelangt», sagte Biedenkopf. Er habe «in dem persönlichen Brief persönliche Eindrücke wiedergegeben». Ein Politiker trage im Übrigen auch ohne eigenes Verschulden «politische Verantwortung», Milbradt tue das eben für die sächsische Regierung. Dies bedeute nicht, dass Milbradt nicht mehr Ministerpräsident sein sollte, fügte Biedenkopf anschließend vor Journalisten noch hinzu - sicherheitshalber.
Er selbst habe mit Milbradt im September 2003 und im Herbst 2004 zwei persönliche Gespräche geführt, weil er im inzwischen beigelegten Streit zwischen der Sachsen LB und der Firma des Tutzinger Geschäftsmanns Ludwig Hausbacher um das gemeinsame Tochterunternehmen MDL habe vermitteln wollen. Der Versuch sei jedoch an der mangelnden Bereitschaft der damaligen Sachsen-LB-Vorstände Michael Weiss und Rainer Fuchs gescheitert.
Diese seien genauso wie der spätere Landesbank-Vorstand Hans-Jürgen Klumpp, der «an seiner eigenen Dusseligkeit gescheitert» sei, nicht mit den auftretenden Problemen fertig geworden. In erster Linie durch ihr Verhalten sei ein Schaden für die Landesbank entstanden, betonte Biedenkopf.
Als «Schlüsselproblem» in der Auseinandersetzung um die MDL bezeichnete er den Umstand, dass die Lebensgefährtin von Weiss, Andrea Braun, zum Alleinvorstand der Leasinggesellschaft bestellt wurde. «Ich hätte den Alleinvorstand nicht zugelassen - und auch nicht, dass Frau Braun es wird.» Jede Sparkasse setze auf das Vier-Augen-Prinzip und damit auf eine Doppelvorstandsspitze, dies sei beim Umgang mit fremdem Vermögen nötig.
Auch mit Fuchs und Weiss, die ihre Posten Anfang 2005 zwar räumen mussten, deren Bezüge aber weiter liefen, wäre Biedenkopf nach eigenem Bekunden anders umgegangen: Fuchs hätte fristlos entlassen werden können, da er bei einer Urkundenfälschung mitgewirkt habe. Und die zwischenzeitliche Vertragsverlängerung mit Weiss hätte es «unter meiner Amtsführung» auch nicht gegeben. Dieser habe seine Lebensgefährtin Braun eben nicht wirklich, wie vom damaligen Finanzminister Thomas de Maizière (CDU) verlangt worden war, aus der Landesbank entfernt, sagte Biedenkopf.
Korrespondent Tino Moritz--
(Quellen: Biedenkopf im Ausschuss und vor Journalisten in Dresden)
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221620 Jan 07