DNN/LVZ, 06.02.2007
Schnüffel-Affäre: Niederlage für Mackenroth
Landgericht Dresden erklärt Ausforschen von Telefondaten für rechtswidrig / FDP: „Klarer Erfolg für die Pressefreiheit"
Dresden (DNN). In der so genannten Schnüffel-Affäre hat Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) eine herbe Niederlage vor Gericht hinnehmen müssen. Das Ausforschen von Telefondaten Dresdner Journalisten durch die Staatsanwaltschaft Chemnitz sei rechtswidrig, befand das Dresdner Landgericht in einem aktuellen Beschluss, der gestern bekannt wurde. Es habe keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte gegeben, die ein solches Vorgehen gerechtfertigt hätten, heißt es in der Begründung.
Gleichzeitig verwies die 4. Große Strafkammer nach Aussage einer Gerichtssprecherin auf das „schutzwürdige Interesse der Medien". Demnach sei es staatlichen Stellen „grundsätzlich verwehrt, sich Einblick in die Vorgänge zu verschaffen, die zur Entstehung von Nachrichten führen".
Die Schnüffel-Affäre hatte im Sommer 2005 bundesweit für Wirbel gesorgt. Auf der Suche nach einer undichten Stelle in der Antikorruptionseinheit Ines hatten die Chemnitzer Ermittler mit Wissen von Mackenroth Telefondaten eines Journalisten sowie eines InesStaatsanwalts ausgeforscht. Das Vorgehen war vom Amtsgericht Chemnitz abgesegnet worden. Hintergrund war eine Razzia bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU), von der der Journalist zuvor erfahren hatte. Die Chemnitzer hatten den mittlerweile (straf-) versetzten Ines-Mann als Informanten in Verdacht.
Damals waren Justiz sowie Mackenroth heftig kritisiert worden. Entsprechend positiv reagiert die Politik jetzt auf den aktuellen Beschluss des Landgerichts. „Die Medien müssen ohne staatliche Eingriffe wirken können", meint Karl-Heinz Gerstenberg (Grüne), von einem „klaren Erfolg für die Pressefreiheit" spricht FDP-Chef Holger Zastrow. Und wie damals trifft es wieder Mackenroth. Linksfraktionär Klaus Bartl fordert eine Stellungnahme der Regierung, SPD-Mann
Karl Nolle redet gar von einem „vordemokratischen System von Schnüffeln, Einschüchterung und Rechtsbeugung".
Dabei ist der Beschluss des Landgerichts bereits die zweite Ohrfeige für Mackenroth innerhalb weniger Tage. So hatten die Richter die Anklage gegen den Ines-Ermittler Mitte Januar wegen des Verdachts des Geheimnisverrats zurück gewiesen. In beiden Fällen haben die Behörden Beschwerde angekündigt. Vor wenigen Wochen hatte die Dresdner Staatsanwaltschaft für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, als sie dutzende Landtagsabgeordnete, deren Mitarbeiter sowie drei Journalisten vernehmen wollte. Der Grund war ähnlich: Es ging um eine undichte Stelle, diesmal im Untersuchungsausschuss zur SachsenLB.
Jürgen Kochinke