Sächsische Zeitung, 08.02.2007
Stasi-Vorwürfe gegen PDS-Abgeordneten
Landtag. Neue Unterlagen belasten den Leipziger Stadtchef der Linkspartei, Volker Külow.
Wieder einmal hat die Vergangenheit die PDS eingeholt: Erneut erhärtet sich gegen einen Landtagsabgeordneten der Linksfraktion der Verdacht der Stasi-Mitarbeit. Dabei handelt es sich um den Leipziger PDS-Stadtchef Volker Külow. Das Außergewöhnliche an diesem Fall: Der 46-jährige Historiker, der im Herbst 2004 über die PDS-Landesliste in den Landtag eingerückt war, hatte bereits kurz darauf bestätigt, dass er Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des Staatssicherheitsdienstes war.
Doch nach SZ-Informationen könnte Külow neu ausgewerteten Akten der Birthler-Behörde zufolge weit mehr als bisher eingestanden in Stasi-Machenschaften verwickelt gewesen sein. Der Bewertungsausschuss des Sächsischen Landtags, der mögliche Stasi-Verwicklungen von Abgeordneten überprüft, hat sich daher gestern umfassend mit dem Fall Külow befasst. Erst vor kurzem ist der Runde aus zwölf Abgeordneten aller Fraktionen umfangreiches Aktenmaterial zugegangen, das eine Neubewertung der Spitzel-Tätigkeit Külows erforderlich machen könnte. Im schlimmsten Falle könnte dem in einem langwierigen Landtagsverfahren per Abgeordnetenanklage das Mandat entzogen werden.
IM-Tätigkeit eingestanden
Im Fall Külow steht der Ausschuss aber derzeit nach SZ-Informationen erst ganz am Anfang. Zunächst müsse das Material gesichtet werden, hieß es. Teilnehmer der Runde, die zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet ist, zeigten sich jedoch bestürzt über den Umfang des neuen Aktenmaterials.
In Kürze solle Külow Gelegenheit erhalten, vor dem Ausschuss zum Verdacht einer möglichen Stasi-Verwicklung Stellung zu nehmen, hieß es.
Külow selbst kann sich derzeit nicht vorstellen, worum es bei den neuen Unterlagen gehen könnte. Er kenne sie nicht. „Aber ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit war“, bekräftigte er gestern auf Anfrage der SZ. Er habe von 1988 bis 1989 für die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), die Auslandsspionage der DDR, gearbeitet. „Ehrenamtlich“, wie Külow selbst seine Tätigkeit umschreibt. Dabei habe er als sogenannter Reisekader im Ausland mehrfach Kontakt mit „Bürgern der BRD“ gehabt und darüber auch Berichte verfasst. „Perspektivisch war angedacht, dass ich dort auch Mitarbeiter anwerbe“, sagte Külow.
Der gebürtige Leipziger war 1980 in die SED eingetreten. Von 1982 bis 1986 absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Diplomlehrer „Marxismus-Leninismus/Geschichte der Arbeiterbewegung“ an der Leipzig Universität und promovierte. Seit Juni 2004 sitzt Külow für die PDS im Leipziger Stadtrat.
Von Annette Binninger