Sächsische Zeitung, 21.04.2007
CDU stellt der SPD die Gretchenfrage
Sachsens Regierungskoalition in der Krise
Dresden - Nach wochenlangen Zwistigkeiten in der schwarz-roten Koalition Sachsens verlangt die CDU jetzt ein klares Wort der Sozialdemokraten zum Regierungsbündnis. „Wir wollen wissen, wer in der SPD das Sagen hat und ob die SPD bis 2009 die Koalition fortsetzen will“, erklärte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer am Freitag in einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch in Dresden. Zur Situation in der Koalition soll es in den nächsten Tagen ein Gespräch im engsten Kreis geben. Ein Termin steht noch nicht fest.
Auslöser der Krise ist zum einen die Aufkündigung des Kompromisses zum neuen Hochschulgesetz durch die SPD. Die SPD hatte am Donnerstag einen Vorschlag zur Bezahlung der Hochschulangestellten abgelehnt, den SPD-Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange zuvor mit der CDU nach langwierigen Gesprächen ausgehandelt hatte. Am gleichen Tag sorgte SPD-Wirtschaftsminister Thomas Jurk für Schlagzeilen, weil er im tobenden Streit um den Bau einer Brücke durch das UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal ohne Absprache kurzerhand Fördermittel sperrte. Am Freitag nun stellte der CDU-General die Gretchenfrage: Steht der Koalitionspartner nach wie vor zum 2004 gebildeten Bündnis?
„Wir wollen wissen, wer in der SPD das Sagen hat und ob die SPD bis 2009 die Koalition fortsetzen will“, so der CDU-Generalsekretär. Von Seiten der CDU sei der Wille jedenfalls vorhanden. Nun soll es in den nächsten Tagen dazu ein Gespräch der Koalitionspartner im engsten Kreis geben. Kretschmer sieht das Regierungsbündnis durch das Agieren der SPD belastet, die CDU sei „mehr als unzufrieden“. Er meint, dass SPD-Landeschef und Wirtschaftsminister Jurk die Zügel nicht mehr in der Hand hält. „Seine Leute folgen ihm nicht mehr“, sorgt sich Kretschmer um Jurk und den Zustand der SPD. Die Opposition nahm die Vorgänge des Vortrags erwartungsgemäß zum Anlass, um einmal mehr Stillstand und Zerrissenheit in Sachsens Regierung zu geißeln.
Presse eilig per SMS eingeladen
Wie dringlich für die CDU das Koalitionsproblem ist, zeigte die ungewöhnliche Form der Freitags-Einladung an die Presse. Der CDU-Generalsekretär hatte kurzerhand per SMS geladen. Tags zuvor war es die SPD, die per Telefonrundruf zum Pressetermin bat, um ihre Sicht auf die Dinge zu verkünden. Seit Monaten kriselt es in Sachsens schwarz-roter Koalition - entgegen allen gegenteiligen Bekenntnissen, die erst vor wenigen Tagen aus Anlass des fünfjährigen Amtsjubiläums von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) offiziell verkündet wurden.
Kretschmer warf den Sozialdemokraten zudem falsche Profilierungsversuche vor. Profilieren könne man sich wohl als Koalitionspartner über die eigene Partei, nicht als Minister. Damit rührte der offensiv agierende und rührige CDU-Generalsekretär an einem wunden Punkt in der SPD. Deren erst im Dezember gekürter Generalsekretär Andreas Weigel muss sein Amt ruhen lassen, weil er wegen Betrugs angeklagt ist. Ein direktes Partei-Gegenüber hat Kretschmer damit nicht. Sein Chef Milbradt braucht sich nicht aus dem Fenster lehnen, um Koalitionsschelte zu betreiben. Bei der SPD dagegen muss das Jurk immer wieder tun. Am Tag der öffentlichkeitswirksam aufgeworfenen Gretchenfrage hüllte sich die SPD zunächst in Schweigen. Der Chef war auswärts unterwegs. (dpa)
Von Petra Strutz