Karl Nolle, MdL

Wird da der Bock zum Gärtner gemacht?

 
DRESDEN - Sachsens Geheimdienst lieferte gestern weitere Infos zur mutmaßlichen Korruptionsaffäre an die Staatsanwaltschaft. Die wehrt sich nun gegen Vorwürfe, nicht unabhängig zu ermitteln. PDS und SPD aber haben genau daran heftige Zweifel.

Grund für den erneuten Aufruhr ist Oberstaatsanwalt Wolfgang Schwürzer (43). Er ist einer der fünf Ermittler, die das vermeintlich kriminelle Netzwerk aus Politikern, Juristen, Polizisten, Unternehmern und Rotlichtgrößen verfolgen sollen. Und er ist der Mann, der vor zwei Jahren die Telefonverbindungen von INES-Staatsanwalt Andreas Ball sowie eines Morgenpost-Reporters ausspitzeln ließ, um herauszufinden, ob ersterer die Razzia bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) verraten haben könnte.

Die Schommer-Ermittlungen schleppen sich seitdem dahin. Staatsanwalt Ball aber wurde versetzt. Die Anklage gegen ihn wegen Geheimnisverrats wies das Gericht jedoch als hanebüchen zurück. Schwürzer hat diese Schlappe nicht geschadet - im Gegenteil. Mit seinen Ermittlungen sicherte er sich das Wohlwollen von CDU und Justizminister, sagt SPD-Abgeordneter Karl Nolle. „Der Mann hat einen rechtswidrigen Angriff auf die Pressefreiheit zu verantworten. Und ausgerechnet er soll jetzt Schweinereien in der Politik aufdecken."

"Herr Schwürzer ist für die sensible Aufgabe der Aufklärung des Justizskandals denkbar ungeeignet", sagt auch PDS-Parlamentsgeschäftsführer Andre Hahn. „Die ohnehin massiven Zweifel am Aufklärungswillen der Staatsregierung erhärten sich." Der Dresdner Oberstaatsanwalt Christian Avenarius weist das entschieden zurück. „Herr Schwürzer ist ein erfahrener und hochqualifizierter Kollege, den nicht der Minister, sondern die Staatsanwaltschaft selbst ausgesucht hat" Im Übrigen sei in dieser Affäre Vertuschung überhaupt nicht möglich. „Da viele Politiker das Material kennen, werden wir irgendwann ohnehin Auskunft geben müssen."
Von Stefan Locke