Agenturen ddp-lsc, 17:30 Uhr, 03.07.2007
Unsichere Quellenlage - Verfassungsschutz zweifelt an eigenem Informanten
Widerstand der Koalition gegen Antrag auf U-Ausschuss
Dresden (ddp-lsc). In der sächsischen Korruptionsaffäre meldet der Verfassungsschutz Zweifel an der Glaubwürdigkeit eigener Quellen an. Der neue Amtschef Reinhard Boos sprach am Dienstag in Dresden unter Berufung auf einen selbst verfassten Zwischenbericht an Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) von «gravierenden Verstößen» gegen nachrichtendienstliche Regeln und erheblichen Unregelmäßigkeiten bei der Bearbeitung von Informationen. Die CDU/SPD-Koalition kündigte unterdessen an, am Mittwoch den von der Opposition verlangten Untersuchungsausschuss zunächst nicht einsetzen zu wollen.
Medienberichte über die Datensammlung des Verfassungsschutzes hatten die Korruptionsaffäre Mitte Mai ausgelöst. Die Geheimakten sollen Informationen über Verbindungen sächsischer Politiker, Polizisten und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen enthalten. Inzwischen ermittelt die Dresdner Staatsanwaltschaft.
Laut Boos handelt es sich bei der fragwürdigen Quelle des Verfassungsschutzes um einen aktiven Polizeibeamten, der dem Nachrichtendienst Anfang 2006 als so genannte Auskunftsperson Informationen über Vorgänge aus den 90er Jahren habe zukommen lassen. Der Mann sei zu dieser Zeit in leitender Position zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität tätig gewesen. «Ein Polizeibeamter, der sich in Quellenschutz begibt, um verdeckt zu ermitteln, der verfehlt seinen Job», betonte der Amtschef des Innenministeriums, Klaus Fleischmann.
Boos stellte die Art der Informationsübermittlung als verdächtig dar. So habe es «immer zur rechten Zeit die rechte Information gegeben», als ob «ein Plan dahinter» stecke. Dem Mann sei vom Landesamt zwar Vertraulichkeit zugesichert worden. Zur «Aufklärung der vollen Wahrheit» habe man sich jedoch nun dazu entschlossen, den Quellenschutz aufzuheben.
In den Akten sei nicht vermerkt gewesen, dass es sich bei der Quelle um einen aktiven Polizeibeamten handele, füge Boos hinzu. Fleischmann, sagte, dass der Polizist genauso wie ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes nun mit disziplinarischen Konsequenzen zu rechnen habe. Beide seien «zurzeit» nicht suspendiert.
Zur Aufklärung der Affäre hält die Landtagsopposition einen Untersuchungsausschuss für geeignet. CDU-Fraktionsvize Frank Kupfer und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Martin Dulig, kündigten allerdings an, dass das Regierungslager dem entsprechenden Begehren wegen rechtlicher Bedenken nicht folgen werde. Linke, FDP und Grüne sollten ihren Antrag umformulieren, damit er noch in dieser Plenarwoche und damit vor der Sommerpause beschlossen werden könne. Geschehe dies nicht, müsse das Papier in den Verfassungsausschuss des Landtags überwiesen werden.
Die Opposition warf der Koalition Verzögerungstaktik vor und stellte eine Sondersitzung des Parlaments bis spätestens am 19. Juli in Aussicht, damit der Antrag in der rechtlich vorgeschriebenen Frist beschlossen werden könne.
Von Tino Moritz
(Quellen: Alle vor Journalisten in Dresden)
ddp/tmo/kos
031730 Jul 07