Sächsische Zeitung, 11.07.2007
"Notfalls kommt eine Verfassungsklage"
Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer kritisiert die SPD im Streit um einen Untersuchungsausschuss.
Herr Kretschmer, warum will die CDU mit aller Macht verhindern, dass sich ein Untersuchungsausschuss mit der vermuteten Korruptionsaffäre befasst?
Das ist nicht der Fall. Wir haben Sachsens Verfassung mitgeschrieben und dort das Minderheitenrecht für Untersuchungsausschüsse aufgenommen. Dieses Recht der Opposition ist unbestritten.
Dann könnten Sie dem Oppositionsantrag doch zustimmen. Warum tun Sie es nicht?
Weil wir einen solchen Ausschuss für unnötig halten. Für Verfolgung und Aufarbeitung von Straftaten sind nur Polizei, Staatsanwaltschaft
und Gerichte zuständig. Das ist keine Sache des Parlaments. Als politische Konsequenzen wurden bereits Personalentscheidungen beim Verfassungsschutz und im Innenministerium getroffen. Weitere Maßnahmen folgen im Herbst, wenn die Berichte der Expertenkommissionen vorliegen. Wäre die Opposition an der Sache orientiert, hätte sie die Ergebnisse abgewartet.
Laut Gesetz muss es aber einen Ausschuss geben, wenn ihn die Opposition beantragt?
Nur wenn die Opposition einen ordnungsgemäßen Antrag stellt. Der muss mit der Verfassung vereinbar sein. Das heißt, er muss präzise beschreiben, was untersucht werden soll, und es dürfen keine Vorverurteilungen enthalten sein. Heute wird die Landtagsverwaltung ihr Gutachten zum aktuellen Antrag vorlegen. Ich vermute, es wird vernichtend für die PDS. Das ist der Grund dafür, dass die Genossen mit Zähnen und Klauen versucht haben, diese Prüfung zu verhindern.
Im Gegensatz zur CDU hat ihr Koalitionspartner SPD bereits angekündigt, den Oppositionsantrag passieren zu lassen? Auch wenn klar ist, der Antrag ist verfassungswidrig?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Noch mal ganz klar: Der Ausschuss ist ein Minderheitenrecht. Aber es gibt kein Recht auf Zustimmung zu einem verfassungswidrigen Antrag. Das werden wir notfalls vom Landesverfassungsgericht klären lassen.
Warum kündigt Ihr Koalitionspartner dann so etwas an?
Ich spüre große Nervosität in der SPD vor dem Landesparteitag, am Wochenende. Das Problem ist: Die SPD schafft sich ihre Probleme selbst und organisiert uns allen eine schlechte Stimmung. Am Ende müssen die Genossen unter großen Mühen doch von dem Baum runter, auf den sie erst mit viel Getöse geklettert sind. Die SPD muss ihre internen Machtfragen klären. Sie kann nicht gleichzeitig Regierung und Opposition sein. Andernfalls kommt es ständig zu Problemen wie beim Hochschulgesetz oder beim Umgang mit den Leipziger Vorgängen. Sie muss sich an getroffene Absprachen und Regeln halten. Stattdessen lassen aber die eigenen Leute die SPD-Führung im Regen stehen. Das schafft Ärger und Verzögerungen.
Selbst ein Teil der CDU-Abgeordneten im Landtag ist für einen Untersuchungsausschuss? Was sagen Sie denen?
Wir sind uns einig, dass ohne Ansehen der Person ermittelt und notfalls auch bestraft werden muss. Es war die CDU, die durchgesetzt hat, dass der Verfassungsschutz mit der Beobachtung der Organisierten Kriminalität beauftragt wird und die verhindert hat, dass die Akten vernichtet wurden. Jetzt sorgen wir für eine lückenlose Aufklärung.
(Das Gespräch führte Gunnar Saft)