Sächsische Zeitung, 12.07.2007
Korruptionsaffäre spaltet Koalition
Das Tauziehen um einen Untersuchungsausschuss belastet das Bündnis von CDU und SPD zunehmend.
Der Streit um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der Korruptionsvorwürfe gegen sächsische Politiker und Juristen prüfen soll, hat im Dresdner Landtag einen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
So schloss sich gestern der Juristische Dienst des Parlaments mit einem Gutachten der Auffassung von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) an, wonach der bisher von der Opposition vorgelegte Untersuchungsauftrag verfassungswidrig ist. Eine umstrittene Entscheidung, die bei der Linksfraktion, der FDP und den Grünen heftige Proteste auslöste. Klaus Bartl von der Linksfraktion sprach von einem „skandalösen Gefälligkeitsgutachten“, mit dem der Juristische Dienst die Opposition aus unlauteren Beweggründen um ihr Minderheitenrecht bringen wolle. Auch Johannes Lichdi von den Grünen – genau wie Bartl Jurist – nannte das Gutachten rechtlich unhaltbar.
Verfassungsklage in Sicht
Gemeinsam mit Torsten Herbst, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, kündigten sie an, den Antrag wie geplant am 19. Juli zur Abstimmung im Landtag vorzulegen. Sollte dann aber eine CDU-Mehrheit die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verhindern, obwohl die dafür gesetzlich geforderten 30 Oppositionsstimmen vorliegen, werde man vor das Verfassungsgericht ziehen.
Diese Entscheidung setzt nun vor allem die Regierungskoalition von CDU und SPD unter Druck. Im Gegensatz zu den Christdemokraten, die einen Untersuchungsausschuss für unnötig erachten, hält die SPD an ihrer Ankündigung fest, den Antrag der Opposition im Landtag durch Stimmenthaltung passieren lassen zu wollen. Die entsprechende Erklärung von SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss hat das Verhältnis beider Regierungspartner mittlerweile spürbar verschlechtert. Nachdem CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer die SPD in einem SZ-Interview davor warnte, gemeinsame Sache mit der Opposition zu machen und ihr gleichzeitig unseriöses Agieren sowie Entscheidungsschwäche vorhielt, fauchten die Sozialdemokraten gestern wütend zurück.
Er sei gerührt, dass sich Kretschmer Sorgen um das Seelenleben der SPD mache, sagte SPD-Landesgeschäftsführer Dirk Panter. „Es spricht die pure Angst aus ihm, dass es auch ohne die CDU geht.“ Panter spielte damit offen auf das jüngste Angebot der Linkspartei an, die mit Blick auf die Landtagswahl 2009 für eine Mehrparteienregierung ohne die CDU wirbt.
Noch schärfer attackiert der SPD-Abgeordnete
Karl Nolle die Christdemokraten. „Herr Kretschmer kann offensichtlich ohne Desinformation und Diffamierung, die aus feudalen oder diktatorischen Zeiten bekannt sind, nicht agieren. Er lügt wider besseren Wissens oder leidet an notorischer Ahnungslosigkeit. Beides sollte er in seiner hervorgehobenen Funktion nicht tun, ohne sich dem Vorwurf eines Vertuschungshelfershelfers auszusetzen“, sagte Nolle der SZ.
Auf SPD-Seite wird nun erwartet, dass sich auch die Delegierten des Landesparteitages am kommenden Sonnabend hinter die SPD-Fraktion stellen und auf einer Einsetzung des Untersuchungsausschusses bestehen werden. Der CDU bleibt damit für den 19. Juli nur noch ein kurzfristiges Einlenken – oder sie muss das Risiko eines Koalitionsbruchs mit der SPD eingehen.
Von Gunnar Saft