Agenturen, ddp-lsc, 16:07 Uhr, 06.08.2007
Streit um den Kurs der Linken
Weckesser wirft Partei Vernachlässigung des Ostens vor - Meiwald und Stange widersprechen
Dresden (ddp-lsc). Wenige Wochen nach der Gründung der Linken ist im sächsischen Landesverband ein Streit über die richtige Strategie ausgebrochen. Der Landtagsabgeordnete Ronald Weckesser kritisierte, dass sich die neue Partei «nicht mehr den spezifischen Problemen des Ostens» stelle. Sie sei auf dem Weg zu einer «vordergründig systemoppositionellen Kraft», wie es die PDS nie gewesen sei. Die stellvertretenden Landeschefs Verena Meiwald und Enrico Stange distanzierten sich indes von Weckessers Einschätzung. Es sei «nicht zu erkennen, dass die ostdeutschen Interessen mit der Formierung der gesamtdeutschen Linken unter die Räder kommen könnten».
Weckesser befürchtet hingegen, dass sich die Vertrauten von Parteichef Oskar Lafontaine im Zweifelsfall «immer eher um den Westen kümmern als um Regionen wie Zwickau oder die Lausitz». Derzeit hinterfrage das bloß niemand. «Wir sind besoffen wegen des Zusammenschlusses mit der WASG, der guten Umfrageergebnisse und der Aussicht auf den Einzug in mehrere westdeutsche Parlamente», fügte er hinzu.
Zugleich warnte Weckesser davor, dass die Linke auf Kosten einer «Ost-West-Angleichung» bei den Stimmenanteilen dauerhaft ohne Machteinfluss bleibe. Er setze auf einen Ausbau des Stimmenanteils der Partei in Sachsen. Die damalige PDS hatte 2004 zur Landtagswahl 23,6 Prozent erreicht. Er wolle «in die Regierung kommen, damit ich nicht mehr nur alternative Landeshaushalte, sondern
endlich den echten Etat aufstellen kann».
Weckesser ist seit knapp acht Jahren Chef des Haushaltsausschusses im Landtag. Er sitzt zudem im Dresdner Stadtrat, wo sich die Vertreter der Linken in zwei Lager gespalten haben und künftig in getrennten Fraktionen auftreten wollen. Im Unterschied zu Weckesser, der den Verkauf der kommunalen Wohnungsgesellschaft Woba an einen US-amerikanischen Investor befürwortet hatte, hat Landeschefin Cornelia Ernst ihren Austritt aus der bisherigen Linksfraktion erklärt.
Ihre beiden Vize Meiwald und Stange nannten Weckessers Botschaft am Montag «ernüchternd». Weckesser spreche «nur für seine Sicht der Dinge». Der systemoppositionelle Ansatz der Linken habe bereits zur PDS gehört und weise über das bestehende kapitalistische System hinaus. Verbesserungen der Lebensumstände für die Menschen könnten sowohl in Regierungen als auch aus der Opposition heraus gelingen. Ein «Regieren um des Regierens willen» sei für die Linke aber keine Option, fügten Stange und Meiwald hinzu.
(Quellen: Weckesser in ddp-Wortlautinterview; Stange und Meiwald in Mitteilung)
Von Tino Moritz
ddp/tmo/muc
061607 Aug 07