DNN/LVZ, 09.08.2007
Streit um Affären-Ausschuss neu entbrannt
CDU-Obmann Piwarz will Linke-Politiker Bartl im Kontrollgremium vernehmen
Dresden. Der Fragenkatalog umfasst 46 Punkte, sein Inhalt ist brisant: Wann hat Klaus Bartl (Linke) mit welchem potenziellen Zeugen Interna ausgetauscht?, will der Fragesteller wissen. Oder auch: Wem hat der Linke Aktenmaterial zukommen lassen und, wenn ja, warum? Der, der darauf drängt, heißt Christian Piwarz und ist von der CDU. Es geht um den Untersuchungsausschuss zur Affäre um kriminelle Netzwerke und Geheimakten des Verfassungsschutzes. Dort sitzt der CDU-Abgeordnete als Obmann, und der Linke firmiert gar als Ausschusschef. Und schon in drei Wochen treffen beide, Piwarz wie Bartl, erneut aufeinander – zur zweiten regulären Sitzung.
Eben darum gibt es seit Wochen bösen Streit, und seit gestern ist der Konflikt neu entbrannt. Denn Bartl lehnt es ab, den Fragenkatalog zeitnah zu beantworten, was Piwarz wiederum nicht hinnehmen will. Nun komme der Linke selbst „als Zeuge in Betracht“, konterte der CDU-Mann gestern trocken. Im Klartext: Sollte sich Bartl weiter weigern, die Fragen zu beantworten, werde die Union ihn dazu zwingen – per Vernehmung im Ausschuss.
Damit steht die Kampflinie fest. Drängt sich für Piwarz der Verdacht auf, der Linke könnte in der Affäre „Teile der Sachverhaltskulisse selbst aktiv mit geschaffen haben“, so ist für Bartl allein schon der Fragenkatalog ein Affront. Was Piwarz plane, sei „unvorstellbar“, sagte er, eine „Entwürdigung des Parlaments“. Es gehe nicht an, dass eine Regierungsfraktion den Vertreter der Opposition „einer Tauglichkeitsprüfung“ unterziehe. Vor Tagen hatte Bartl bereits Rückendeckung von Parlamentsjuristen erhalten. Den Ausschluss aus dem Gremium müsse der Linke nicht befürchten, da dies nur bei persönlicher Befangenheit möglich sei – aber nicht im Falle Bartls.
Piwarz sieht das anders, und der Hintersinn seiner Initiative ist auch politischer Natur: Der Union ist der Linke nicht nur wegen seiner Stasi-Vergangenheit ein Dorn im Auge. Sie will Bartl vielmehr direkte Befangenheit nachweisen und ihn so als Ausschusschef demontieren. Ansatzpunkt dafür ist die Tatsache, dass Bartl als Anwalt mögliche Ausschuss-Zeugen, einen Leipziger Polizisten zum Beispiel, vertreten hat – und so mit internem Wissen die Korruptionsaffäre gesteuert haben könnte.
Zusätzlich aufgeheizt wird die üble Stimmung durch einen weiteren Zwist. So hat Ex-Innenminister Heinz Eggert (CDU) Bartl angezeigt, weil dieser alte Missbrauchsvorwürfe gegen ihn neu erhoben hat. Das allerdings könnte die CDU in Erklärungsnot bringen. Denn jene Staatsanwältin, die in den 90er Jahren gegen Eggert ermittelte, spielt auch in der Affäre um kriminelle Netzwerke eine zentrale Rolle. Es ist Simone H., die das Referat zur Organisierten Kriminalität (OK) beim Verfassungsschutz geleitet hat. Eggert aber sitzt ebenfalls im Ausschuss – und könnte auch befangen sein.
Jürgen Kochinke