Agenturen dpa, 16:59 Uhr, 09.08.2007
Fledermaus stoppt Brückenbau durch Dresdner Welterbe-Gebiet
SPD-Fraktionschef Peter Lames: «Die Kleine Hufeisennase hat die Einsicht und Weisheit in die Stadt bringen können, die von der CDU bisher fern gehalten worden ist»
Dresden (dpa/sn) - Eine Fledermaus hat vier Tage vor dem geplanten Baubeginn die ersten Arbeiten zur umstrittenen Waldschlösschenbrücke durch das UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal vorerst gestoppt. Das Dresdner Verwaltungsgericht sieht nach einer Entscheidung vom Donnerstag die Belange der vom Aussterben bedrohten Kleinen Hufeisennase bei der Brückenplanung nicht ausreichend berücksichtigt. Das Gericht gab damit einem Antrag mehrerer Naturschutzverbände statt. Umweltschützer sehen durch den Brückenbau den Lebensraum der Fledermausart im Elbtal gefährdet. Damit ist der UNESCO-Welterbe- Titel für die rund 20 Kilometer lange Flusslandschaft jedoch nicht gerettet. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) zeigte sich in einer ersten Reaktion überrascht. Sein Kollege aus dem Wirtschaftsressort, Thomas Jurk (SPD), sieht neue Chancen, eine Brücke und Titel unter einen Hut zu bekommen.
Es müssten strengere Maßstäbe an naturschutzrechtliche Prüfungen im Planfeststellungsverfahren gelegt werden, teilte das Gericht zur Begründung mit und berief sich auf eine entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2007 (Az.:9 A 20.05) zur Westumfahrung von Halle. Dabei geht es um die Beachtung geänderter Bestimmungen zum Naturschutz in Europa. «Es gibt derzeit keinen vollziehbaren Planfeststellungsbescheid», sagte der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Robert Bendner, der dpa. Binnen zwei Wochen kann gegen die Entscheidung des Gerichtes Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht Bautzen erhoben werden, hieß es.
Ein Verfahren durch mehrere Instanzen könnte noch zwei bis drei Jahre dauern, ließ der Rechtsanwalt Peter Kremer, der die Kläger vertritt, in einer Mitteilung wissen. «Es würde mich aber wundern, wenn das Regierungspräsidium Dresden nicht Beschwerde gegen den Gerichtsentscheid einlegen würde», sagte er. Übrigens gehe es derzeit immer noch um Eilverfahren. «Im Hauptsacheverfahren könnte noch in diesem Jahr das erste Urteil fallen.» Dort spielen die selben Naturschutzbelange eine Rolle.
Nach jahrelangem Streit sollte der Brückenbau im UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal ursprünglich am kommenden Montag (13. August) beginnen. Wegen des Bauprojekts hatte das UNESCO-Welterbe-Komitee die Flusslandschaft 2006 auf die Rote Liste der gefährdeten Stätten gesetzt. Das Gremium stellte Deutschland erst Ende Juni eine letztes Ultimatum bis zum 1. Oktober für die Vorlage von Alternativen zur Waldschlösschenbrücke. Wird die Brücke wie bislang geplant gebaut, wird der Welterbe-Titel aberkannt.
Für Innenminister Buttolo ist der Baustopp eine überraschende Entscheidung. «Das Regierungspräsidium wird nun den Beschluss genau prüfen und alle erforderlichen rechtlichen Schritte einleiten», sagte er. «Alle, denen am Erhalt des Welterbetitels etwas liegt, haben Zeit gewonnen. Nutzen Sie sie», erklärte Wirtschaftsminister Jurk. Für Sachsens SPD-Generalsekretär Dirk Panter kann Dresden, Sachsen und Deutschland nur durch eine Kompromisslösung ein erheblicher Prestigeverlust erspart bleiben.
Abgeordnete des Dresdner Stadtrates zeigten sich erleichtert. Das entstandene Zeitfenster müsse aktiv für einen Kompromiss mit der UNESCO genutzt werden, forderte die Grünen-Fraktionssprecherin Eva Jähnigen. «Die Kleine Hufeisennase hat die Einsicht und Weisheit in die Stadt bringen können, die von der CDU bisher fern gehalten worden ist», sagte SPD-Fraktionschef Peter Lames laut einer Mitteilung.
dpa kt yysn z2 sb
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