DNN/LVZ, 11.08.2007
Finanzkrise schwappt nach Sachsen
Landesbank sieht keine Probleme wegen US-Engagement - Nolle und Zastrow fordern Aufklärung
Leipzig (bos/ohm/ddp/rtr). Die Finanzaufsicht Bafin nimmt nach der IKB jetzt auch die SachsenLB wegen eines von ihr verwalteten Fonds ins Visier. Die 17,5 Milliarden Dollar (12,7 Milliarden Euro) schwere Zweckgesellschaft Ormond Quay ist wie der in Schieflage geratene US-Fonds der Mittelstandsbank am krisengeschüttelten Kreditmarkt engagiert. „Wir wissen von dieser Gesellschaft. Wir befassen uns damit und verschaffen uns einen Überblick“, sagte gestern eine Bafin-Sprecherin. Die Landesbank versuchte dagegen zu beschwichtigen. „Wir haben keine Liquiditätsprobleme. Wir können alle unsere Verpflichtungen erfüllen“, sagte ein Sprecher der Bank. Die Lage sei nicht mit jener der IKB vergleichbar. „Die SachsenLB sieht grundsätzlich keine Anzeichen für erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeiten der von ihrer Tochtergesellschaft SachsenLB Europe gemanagten ABS-Strukturen“, teilte die Bank mit. Die 2004 ins Leben gerufene Ormond Quay sei ausschließlich in Papiere investiert, die mit „AAA“ eingestuft sind, also als ausfallsicher gelten. Diese Einschätzung untermauert auch das sächsische Finanzministerium. Es sieht keine größeren Gefahren auf die Bank zukommen. „Wir teilen die Auffassung der SachsenLB. Es gibt nichts weiteres hinzuzufügen, das über die Erklärung der Bank hinausgeht“, sagte der Sprecher dieser Zeitung.
Der Wirtschafts- und Finanzexperte der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag,
Karl Nolle, forderte dagegen gestern eine detailierte Aufklärung. „Spätestens durch die Arbeit des laufenden ersten Untersuchungsausschusses ist bekannt, dass die SachsenLB selbst und insbesondere deren Tochter in Dublin (SLB Europe plc.) in erheblichem Umfang im internationalen Wertpapiergeschäft und Handel mit Synthetic Assets engagiert ist. Im Segment der Verbriefung von Forderungen (Securitization) kommt den Verbriefungen von Immobilienforderungen eine zentrale Rolle zu“, schreibt Nolle in seiner Begründung zu einer kleinen Anfrage. Der SPD-Politiker, der auch Obmann seiner Partei im SachsenLB-Untersuchungsauschuss ist, will nun von der Landesregierung unter anderem wissen, mit welchem Volumen die Landesbank bei den betroffenen Papieren gehandelt hat und mit welchen Korrekturen beim Wertansatz zu rechnen sei.
Sachsens FDP-Fraktionschef Holger Zastrow sagte, dass die Geschäfte der Landesbank „keine Löcher in den Landeshaushalt reißen“ dürfe. Sachsen als Anteilseigner der Bank und der zuständige Finanzminister Horst Metz (CDU) müssten dafür sorgen, dass das Geld der Steuerzahler „nicht durch riskante Spekulationen verspielt“ werde.
Mit der Angelegenheit vertrauten Personen zufolge hat die SachsenLB dem Fonds Ormond Quay eine Liquiditätslinie von vier Prozent des Fondsvolumens von derzeit 17,5 Milliarden Dollar gewährt. Wie die restlichen 96 Prozent des Fondswerts abgedeckt sind, ist unklar. Die SachsenLB äußerte sich hierzu nicht. Nach Angaben auf der Internetseite von SachsenLB Europe, der Vermögensverwaltung der Bank, ist Ormond Quay eine von zwei Zweckgesellschaften mit einem Gesamtportfolio von mehr als 20,5 Milliarden Euro. Der Fonds sei einer der größten Zweckgesellschaften für Asset-Backed Commercial Papers weltweit.
Bereits am Donnerstag hatte es Gerüchte am Finanzmarkt gegeben, die WestLB habe sich mit einer Zweckgesellschaft in den USA verspekuliert. Die Bank trat dem entgegen. Die WestLB-Tochter Mellon musste wegen der Sorge vor massiven Mittelabflüssen einen Fonds einfrieren.
Die IKB hatte sich mit ihrer Zweckgesellschaft Rhineland Funding am krisengeschüttelten US-Hypothekenmarkt verspekuliert und musste von der staatseigenen Förderbank KfW mit milliardenschweren Bürgschaften gestützt werden. Unter anderem sprang die KfW in eine Liquiditätslinie von 8,1 Milliarden Euro ein, die die IKB dem Fonds gewährt hatte.
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