DNN/LVZ, 23.08.2007
Erschütterungen bleiben aus
OSV-Chef Holtmann: Ostdeutsche Sparkassen sind nicht von der Finanzkrise betroffen
Berlin. Die ostdeutschen Sparkassen sind nach Angaben ihres Verbandschefs Claus Friedrich Holtmann nicht von den Erschütterungen durch die internationale Finanzkrise betroffen. Eine Umfrage bei den Mitgliedern in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern habe „keine besonderen Probleme zu Tage gefördert“, sagte Holtmann gestern zur Halbjahresbilanz des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV).
Die Mitgliedsinstitute seien höchstens in sehr geringem Maße in den betroffenen Märkten engagiert. „Vor allem sind keine Liquiditätsrisiken erkennbar“, erklärte der Verbandschef. „Unsere Sparkassen haben traditionell eher Überliquidität“, betonte er mit Blick auf irritierte Kunden, die sich in den vergangenen Tagen nach der Sicherheit ihrer Einlagen in den Filialen erkundigt hatten. Die ostdeutschen Sparkassen hätten keine „so hochkomplizierten Produkte in den Büchern“, wie diejenigen, die zur Krise bei der SachsenLB geführt haben. Der Gau bei der Landesbank sei „rasch und wirkungsvoll“ durch die Mitglieder des Sparkassenverbundes bewältigt worden. Die SachsenLB musste von der Deka-Bank und anderen Landesbanken mit einer Kreditzusage über 17,3 Milliarden Euro gestützt werden.
„Wir sind stolz darauf, dass unser Verbund diese Kraft hat, dass er nicht nur den eigenen Mitgliedern im Zweifel beistehen kann“, sagte Holtmann. „In diesem Fall ging es darum, schnell und zweifelsfrei zu demonstrieren, dass die Liquidität eines Mitglieds der Sparkassen-Finanzgruppe auch in einer Situation gestörter Marktverhältnisse jederzeit gesichert ist.“ Holtmann erklärte, ihm seien keine Vertragsbedingungen bekannt, welche die Liquiditätspritze an die Forderung knüpfen, die SachsenLB müsse ihre Eigenständigkeit aufgeben. Das war nach der Rettungsaktion aus Finanzkreisen kolportiert worden. Nach Ansicht des Verbandschefs wäre der Zusammenschluss mehrerer Landesbanken „zu einer schlüssigen Landschaft“ sinnvoll. Dabei sei von strategischer Bedeutung, wer überhaupt mit wem gut zusammenpasse und wo letztendlich die Geschäftsentscheidungen getroffen würden. Durch ein Zusammengehen von Landesbanken könne in Deutschland eine Bank internationaler Bedeutung, ein nationaler Champion, entstehen.
Die jüngsten Aussagen von WestLB-Chef Alexander Stuhlmann kommentierte Holtmann zurückhaltend: „Ich halte das Zitat für etwas rasant.“ Stuhlmann hatte gewarnt, die deutsche Finanzbranche sei in einer „nicht unkritischen Situation“. Für die Banken werde es schwerer, Geld am Kapitalmarkt zu besorgen. An den Märkten sei zu spüren, dass ausländische Partner nicht mehr so leicht Kreditlinien zur Verfügung stellen. Daher könnten weitere Institute in Schwierigkeiten geraten. „Ich glaube, dass es sich in den nächsten Monaten entspannen wird“, sagte Holtmann. Er räumte allerdings ein, dass die mangelnde Bereitschaft, sich untereinander Geld zu leihen, die deutschen Banken auf längere Sicht in Schwierigkeiten bringen könnte. „Wir haben Aktiva, die im Moment nicht sehr beweglich sind. Wenn das lange anhält, wird es problematisch.“
Holtmann erklärte zudem, dass über Ratings zu diskutieren sein wird und die Finanzkrise für viele Banker durchaus etwas Lehrreiches hat. „Vielleicht haben wir alle vergessen, dass Banken auch etwas mit Gefühl zu tun haben. Offenbar gibt es da etwas, das nicht mit Kennzahlen zu erfassen ist.“ Eine größere Nähe zwischen Bank und Kunden käme den Sparkassen sehr gelegen, betonte Holtmann mit Blick auf die starke Präsenz seiner Institute in der Fläche.
Auch, wenn die Schließung einer Filiale angesichts der Bevölkerungsentwicklung im Osten oft wirtschaftlicher wäre, will man sich nicht aus der Region zurückziehen. Schließlich finanzierten die Sparkassen noch immer jede zweite Existenzgründung. Insgesamt gelte, dass trotz des Wirtschaftsaufschwungs und des spürbaren Rückgangs der Arbeitslosigkeit auch in Ostdeutschland die Kunden der 58 Mitgliedssparkassen im Verband nach wie vor weniger finanziellen Spielraum als Sparkassenkunden in Westdeutschland haben. Im Schnitt verfügen die Kunden der OSV-Sparkassen und ihrer Verbundpartner durchschnittlich über ein Vermögen von 11 500 Euro, in Westdeutschland sind dies 16 000 Euro.
Insgesamt ist man beim OSV mit dem Geschäftsverlauf des ersten Halbjahrs zufrieden: Das Einlagevolumen wuchs bis Ende Juni um 0,4 Prozent auf 74,5 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahresstichtag. Der Kreditbestand verminderte sich um 0,6 Prozent auf 35,5 Milliarden Euro. „Die Unternehmen bauen Schulden ab“, stellte Holtmann dazu fest.
Maja Zehrt