Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 14.09.2007

„Serie von Demütigungen“

SPD-Fraktionschef Weiss erklärt heute seinen Rücktritt und greift Regierungschef Milbradt an
 
Dresden. Der Schritt war intern seit Wochen angekündigt, heute wird er offiziell vollzogen: SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss wirft hin. Heute will der 74-jährige Vorsitzende den zwölf weiteren SPD-Abgeordneten seinen Rücktritt für kommenden Freitag erklären, bestätigte Weiss auf Anfrage dieser Zeitung. Es wird offenbar kein Rückzug in aller Freundschaft, sondern ein Abgang mit deutlichen Worten. Sein Vertrauen in den Koalitionspartner, sagte der Alterspräsident des Landtages gestern dieser Zeitung, sei „endgültig zerstört“. Er sei nicht länger im Stande, den Verbleib in der Koalition aufrichtig zu vertreten und als Mittler der Parteien immer wieder neue Kompromisse zu finden.

Die Angriffe des scheidenden Fraktionschefs zielen dabei direkt auf Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), dem Weiss eine „Bulldozer-Mentalität“ vorwirft: „Der Regierungschef hat uns mehrmals brutal überrollt.“ Spätestens seit Milbradts Veto gegen das Energiesparprogramm von SPD-Wirtschaftsminister Thomas Jurk sei die „Serie von Zumutungen und Demütigungen nicht mehr abgerissen“, so Weiss. Dies habe zuletzt Milbradts Umgang mit dem geplanten Hochschulgesetz gezeigt, der immer neue Forderungen aufgestellt habe. Die CDU scheine das bisherige kollegiale Verhalten der SPD offenkundig als Schwäche misszuverstehen.

Doch Weiss geht auch mit den eigenen Genossen ins Gericht. Wer letztlich immer wieder nachgebe, habe irgendwann kein Druckpotenzial mehr. „Die CDU lernt, dass man die SPD ruhig reizen kann, weil unsere Drohgebärden keine Konsequenzen haben und wir wieder in den Schoß der Koalition zurückkehren“, sagt Weiss.

Seinen Rücktritt erklärt der Fraktionschef daher auch mit dem Verhalten der eigenen Parteifreunde beim Hochschulgesetz. In einer Sondersitzung kurz vor der Sommerpause habe sich die Fraktion plötzlich entgegen ihrer früheren Beschlüsse für die Novelle aus dem Haus von Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange ausgesprochen – und Weiss’ ablehnende Position damit überstimmt. Als früherer Leipziger Uni-Rektor und Vize-Präsident der Hochschulrektorenkonferenz sieht er dadurch seine Kompetenz in Hochschulfragen öffentlich in Zweifel gezogen – und hält einen Rücktritt für absolut notwendig.

Ursprünglich war geplant, dass Weiss erst Ende des Jahres sein Amt geordnet an einen Nachfolger übergibt. Doch solange wollte er nicht mehr warten, und auch Parteifreunde konnten ihn von dem Schritt offenkundig nicht mehr abbringen. Dabei hat man in der Parteispitze nur wenig Verständnis für den Schritt. Es hätte auch andere Wege gegeben, den Konflikt zu lösen, heißt es. Schon am nächsten Freitag soll die Fraktion einen neuen Vorsitzenden wählen.

Aussichtsreichster Kandidat dafür ist der Parlamentarische Geschäftsführer Martin Dulig, der für eine Fortsetzung des Regierungsbündnisses eintritt. „Ich kämpfe für diese Koalition, um als SPD Profil zu zeigen“, sagt der 33-Jährige. Die große Mehrheit der Fraktion hat er dabei wohl hinter sich.

Auch Weiss sieht sich in den nächsten zwei Jahren bis zur Landtagswahl – anders vielleicht als sein Kollege Karl Nolle – nicht als ständiger Kritiker der Koalition. Nachdem er seine Meinung gesagt habe, wolle er in Zukunft diszipliniert seine Arbeit machen und nur bei seinen Schwerpunktthemen – dem Rechtsradikalismus und der Hochschulpolitik – Farbe bekennen.
von Sven Heitkamp

Karl Nolle im Webseitentest
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