DNN/LVZ, 18.09.2007
Aktenaffäre/Gutachter: U-Ausschuss rechtswidrig
Dresden. Das Tauziehen um den Untersuchungsausschuss zur Affäre um Geheimakten des Verfassungsschutzes geht in eine neue Runde. Nachdem Unionschristen wie Regierungschef Georg Milbradt sowie der CDU-Obmann im Kontrollgremium, Christian Piwarz, den von der Opposition initiierten Ausschuss schon vor Wochen als wenig zielführend und den Untersuchungsauftrag als rechtlich bedenklich bezeichnet hatten, schlug gestern Justizminister Geert Mackenroth (CDU) in dieselbe Kerbe. Zwei von seinem Hause bestellte Gutachten seien zu dem Ergebnis gekommen, dass „ganz massive verfassungsrechtliche Bedenken“ bestehen, meinte Mackenroth, das Expertenurteil sei „fast vernichtend“.
Nach Ansicht des Ministers müsse der Auftrag nun entscheidend nachgebessert werden. Er hoffe, dass dies bereits bis zur Plenarsitzung in der kommenden Woche angeschoben werden könne. Bis dahin aber werde die Regierung die Arbeit des U-Ausschusses nicht unterstützen – weder durch die Herausgabe der Geheimakten, noch durch mögliche Zeugenaussagen. „Die Juristen haben die Ampel auf Rot gestellt“, sagte Mackenroth, „der Ball liegt nun beim U-Ausschuss und beim Parlament.“
Die beiden Rechtsgutachter Paul Glauben und Ralf Brinktrine verweisen in ihren über 40- beziehungsweise 70-seitigen Stellungnahmen auf schwere Mängel im Einsetzungsbeschluss. Sowohl Regierung wie auch vorgeladene Zeugen könnten deshalb rechtliche Schritte dagegen einleiten. So stelle der U-Ausschuss in seiner jetzigen Form einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz dar und nehme Wertungen rechtswidrig vorweg. Zu einem ähnlichen Urteil war bereits der juristische Dienst des Landtags gekommen.
Die Oppositionsfraktionen von Linken, FDP und Grünen meldeten gestern heftigen Protest gegen diese Lesart an. Nach Ansicht von André Hahn (Linke) wolle die Regierung „den Ausschuss kalt stellen“, um eigene „Legenden“ nicht zu gefährden. FDP-Mann Jürgen Martens sprach von „grober Missachtung des Parlaments“ und sein Kollege Johannes Lichdi (Grüne) von „Blockade“.
Damit läuft jetzt alles auf eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht hinaus. Laut Mackenroth werde die Regierung zwar nicht selbst klagen. Es stehe aber der Opposition frei, eben dies zu tun.
Jürgen Kochinke