DNN/LVZ, 19.11.2007
Aktenaffäre: Illegale Recherchen im Landesamt
Leipzig. Sachsens Verfassungsschützer forschten offenbar noch nach vermeintlichen kriminellen Netzwerken, als es ihnen schon nicht mehr erlaubt war. Das behauptet das Nachrichtenmagazin Focus in seiner neuesten Ausgabe. Bei der Staatsanwaltschaft Dresden soll ein interner Vermerk angefertigt worden sein, der besagt, dass sich eine ehemalige Verfassungsschutz-Referatsleiterin und ein Mitarbeiter am 8. Juni 2006 in Leipzig mit einem Informanten trafen, um Gerüchte über angebliche Straftaten eines Staatsanwaltes zu sammeln. Wegen einer Gesetzesnovelle war das Landesamt für Verfassungsschutz aber ab dem 28. Mai 2006 nicht mehr für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zuständig.
Der Dresdner Oberstaatsanwalt Christian Avenarius wollte sich gestern gegenüber dieser Zeitung zu dem angeblichen Aktenvermerk nicht äußern. Er bestätigte aber, dass es ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen der Herausgabe von staatsanwaltschaftlichen Dokumenten gebe. „Das Verfahren wurde vom Generalstaatsanwalt an die Staatsanwaltschaft Bautzen abgegeben, da rein theoretisch die Unterlagen auch aus unserem Hause gekommen sein könnten“, so Avenarius. Außer der Staatsanwaltschaft Dresden liegen die vom Focus veröffentlichten Unterlagen zu Vernehmungen auch einigen Verteidigeranwälten vor.
Der sächsische Verfassungsschutz war nur eine kurze Zeit für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität zuständig. Das noch von der Regierung Kurt Biedenkopfs (CDU) verabschiedete Gesetz, wurde durch eine Normenkontrollklage vom Verfassungsgerichtshof am 17. Juni 2005 wieder kassiert. Sollten außerhalb der erlaubten Zeit Recherchen zur Wirtschaftskriminalität angestellt worden sein, dürfte es sich aber kaum um Straftaten, sondern bestenfalls um Dienstvergehen handeln.
A. F.