DNN/LVZ, Seite 1, 25.01.2008
Sachsen: SPD-Attacken bringen Union in Rage
Kreisreform – Angriffe auf Milbradt belasten Koalition / Plauen will klagen
D r e s d e n / L e i p z i g (J. K./rh). Einen Tag nach der mit Koalitionsmehrheit durchgesetzten Kreisreform in Sachsen hängt zwischen CDU und SPD der Haussegen schief. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer warf SPD-Abgeordneten „Hass auf die Koalition“ und ein „unglaubliches Maß an Destruktion“ vor. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle sprach von „völlig inakzeptablen Redebeiträgen“, mit denen die Regeln des Bündnisses „außer Kraft gesetzt“ würden.
Grund für die neuerliche Missstimmung in der Koalition waren persönliche Erklärungen der SPD-Abgeordneten
Karl Nolle und Mario Pecher im Zuge der Abstimmung zur Kreisreform am Mittwochabend, die zu einem Eklat führten. Nolle hatte Regierungschef Georg Milbradt (CDU) wegen des Landesbank-Desasters als „oberklugen Dickkopf“ bezeichnet und zum Rücktritt aufgefordert (die Leipziger Volkszeitung berichtete). Pecher warf Milbradt vor, er habe „hunderte Millionen Euro veruntreut“ und wasche nun „seine Hände in Unschuld“.
Hähle sagte gestern, die CDU habe der SPD-Führung in einem internen Gespräch deutlich gemacht, dass solche „Verbal-Attacken“ nicht hinnehmbar seien. SPD-Fraktionschef Martin Dulig distanzierte sich von Pecher: „Diffamierungen machen wir nicht mit.“ Gleichzeitig räumte er ein, dass damit der Eindruck entstehen könnte, die SPD wolle das Ende der Koalition. Dies sei aber nicht der Fall. Pecher erhielt gestern nachträglich einen Ordnungsruf. Landtags-Vizepräsident Gunther Hatzsch (SPD) forderte indirekt Konsequenzen für Nolle. „Einem Parteiausschluss würde ich mich nicht verschließen.“
Gleichzeitig formiert sich die Front der Kreisreform-Verlierer. Der Plauener Stadtrat beschloss gestern Abend in einer Sondersitzung einstimmig, gegen den Verlust der Kreisfreiheit Verfassungsbeschwerde einzulegen. Aues Stadtrat will am kommenden Mittwoch einen ähnlichen Beschluss fassen. Der Landkreis Muldental berät einen Tag später über einen derartigen Antrag. Landrat Gerhard Gey (CDU) forderte gestern Ministerpräsident Georg Milbradt auf, öffentlich klarzustellen, ob das Votum pro Borna Ergebnis eines politischen Deals gewesen sei oder nicht. Unabhängig davon will auch der Stadtrat in Grimma am 6. Februar über eine Verfassungsbeschwerde beschließen.